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Natali Goßler

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Natali Goßler

Route Reise Nordindien

route
https://www.berge-meer.de, Reise R1I001, Stand 11.03.2016

Nordindien  02. Mai 2016 – 17.Mai 2016

 

Ich kann mich wahrhaftig nicht beschweren, mein Mann nickte zustimmend, dass ich mal wieder alleine meinem Fernweh  frönen durfte. Er kennt mich ja.

Nach einigem Blättern in Prospekten  und Flyern hier und da und Surfen  im Internet, landete ich wieder mal bei https://www.berge-meer.de über den ich bereits 2013 Madeira gebucht hatte.

Nordindien war der Reiseplan, den ich von nun an emsig verfolgte. Reisegruppe war auch ideal, denn Indien alleine als Frau, so mutig bin ich dann doch nicht.

Hinsichtlich der Reise bedurfte es dennoch  diverser eigener Vorbereitungen:

Impfungen gegen  Diphtherie, Tetanus (eh Standard) , Polio, Hepatitis A – und bei Risikogruppen auch Hepatitis B - ( ich hatte beides schon aufgrund Familienurlaub südliches Afrika im Vorjahr) , Tollwut (wegen der vielen herrenlos herumstreunenden Hunde in Indien und v.a. in Städten wie New Delhi) , japanische Enzephalitis und Pneumokokken sowie Tabletten gegen Typhus standen an .

Malariaprophylaxe obendrein. Zwei Tage bevor man in das Risikogebiet einfährt und dann täglich, am besten immer zur gleichen Uhrzeit und dann eine Woche nachdem man das Risikogebiet wieder verlässt,  Malariatabletten weiternehmen.

 - Der Norden Indiens  trägt ein höheres Malariarisiko als der Süden.-

Warum auch immer, war ich zeitlich knapp dran und meine Hausärztin davon überzeugt, dass Indien der Krankheitsherd überhaupt wäre, weshalb ich diesen ganzen Impfcocktail  verschrieben bekam.

Außerdem bin ich ohnehin ein „Angsthase“ was Krankheiten anbelangt. Frei nach der Devise  mich könnte alles erwischen, also besser so.  Was ja nicht hieß, dass ich mich nicht unabhängig von der Hausärztin selbst über Impfung ja, nein und in welcher Form via Internet (z-B: http://tropeninstitut.de/reiseziel/) informiert hätte:

Nächster Schritt: Visum. Wer nach Indien will, kann zwischen einem E-Visum , das nur für einmalige Ein- und Ausreise  und eine Aufenthaltsdauer von 30 Tagen gültig ist und einem 6 Monate gültigen Touristenvisum  mit dem Recht zur mehrmaligen Ein- und Ausreise wählen. Nähere Informationen dazu findet man auf www.igcsvisa.de/touristvisa.php

 

1.Tag: Montag, 02.05.2016

Am 2. Mai 2016 war es dann endlich soweit.  Familie hatte sich schon morgens verabschiedet. Mann musste ins Büro, Kinder in die Schule.

Um kurz vor 12.00 Uhr Mittag holte mich meine Freundin zu Hause ab und brachte mich samt Gepäck zum Unterasbacher Bahnhof.

Irgendwie hatten wir „Mädels“ gedacht, noch etwas Zeit zum „ratschen“ zu haben, aber die fiel wohl unserem knappen Zeitplan,  der  Parkplatzsuche und dem Ticketkauf am Automaten  zum Opfer. Hauptsache S-Bahn nach Nürnberg erwischen. Noch einmal kurz drücken, winken, schwups weg war sie….

Nee, schwups weg war ich. Jetzt ging der 16-tägige Urlaub wirklich los.

Pünktlich um 12.35 Uhr am Nürnberger Hauptbahnhof angekommen. Auf Gleis 6 fuhr dann  fast planmäßig der ICE 628 nach Frankfurt  Flughafen ein, wo ich mit knapp 10 Minuten Verspätung  relativ pünktlich gegen 16:00 Uhr landete.

Magnetschwebebahn , die Terminal 1 mit Terminal 2 verbindet derzeit im Umbau, also Bus.

Bin ja sonst auch gerne mal etwas zu spät dran, aber wenn es um Urlaub geht garantiert nicht!

Deshalb stand ich mir dann erst mal knapp anderthalb Stunden  die Füße am Flughafen platt, um endlich das Fluggepäck einchecken zu können.

Plötzlich -  unser Eincheckgate hatte gerade erst aufgemacht - helle Aufregung, Gewusel, großes Polizeiaufgebot.  So ging der Urlaub ja schon mal gut los! Ein bisschen nervös wurde ich schon, muss ich zugeben, ob die Entscheidung Richtung Indien über den Oman mit Air Oman fliegen zu wollen, die richtige Entscheidung gewesen war. Bzw. ob Indien überhaupt. Bzw. Fliegen jetzt in diesen Tagen, Zeiten….

Terminal 2 wurde teilweise gesperrt. Terrorwarnung!

Nach und nach machte sich dann das Gerücht breit, eine  Frau hätte ihren Koffer verloren, stehen gelassen bzw. wäre ein herrenloser Koffer aufgetaucht.  Nach den diversen Terroranschlägen der letzten Zeit durchaus verständlich, dass hier besondere Vorsicht geboten war.

Ich überbrückte die weitere Wartezeit  mit spontanen Gesprächen hier und Gesprächen dort. Ein junger Rucksacktourist wollte nach Sansibar, eine ältere dicke Afrikanerin war ganz aufgeregt, sie wollte heim nach Tansania und so weiter.

Zwei  Stunden später dann die Prozedur des tatsächlichen Eincheckens. Alle sehr diszipliniert. Deshalb  hob der Flieger trotz all der Aufregung mit 20 Minuten Verspätung eigentlich sehr pünktlich ab.

 

2.Tag: Dienstag 03.05.2016

Landung morgens am 03.05.2016 gegen 6.00 Uhr Ortszeit in Muskat, Hauptstadt des Omans. Schöner moderner Flughafen. Zwei Stunden Zeitverschiebung gegenüber Deutschland. 

7.45 Uhr Weiterflug Richtung New Delhi. Alles ohne weitere Aufregungen. Landung pünktlich auf dem internationalen Indira Gandhi International Airport. Achtung, nochmal  weitere 1,5 Stunden Zeitverschiebung oben drauf. Aus meiner Sicht ein  nicht so großer, aber moderner Airport:

Einreise, kein Problem!  Meine ganzen mitgenommenen Unterlagen wie Online-Visumsantrag, Fotos  5cm x 5cm, Kopien Reiseunterlagen etc. haben den Passkontrolleur gar nicht interessiert. Wichtig war Reisepass und E-Visums-Nummer. Fotografiert worden und Fingerabdruck und schon durfte ich offiziell indischen Boden betreten.

Bis alle Reisegruppenteilnehmer  samt Gepäck vereint waren, dauerte es allerdings noch ca. eine halbe Stunde. Kurze Vorstellungsrunde. Geldtausch. Dann folgte  Begrüßung seitens unseres  relativ gut deutsch sprechenden indischen Reiseleiters.  Blumenkranz für  jeden im Bus als Begrüßungsritual.  Transfer zu unserem Hotel Anila.

Selbiges liegt an der reichlich befahrenen Hauptstraße Naraina Vihar. Ich hatte das Pech, dass mein Zimmer zur Straße hin lag. Dafür war es sehr schön mit Doppelbett, Klimaanlage, herrlicher Dusche und vor allem sauber.

Schon am Frankfurter Flughafen bzw. im Flugzeug hatte ich ein paar nette Leute kennengelernt.  So trafen wir uns nach kurzem frisch machen gleich wieder und zogen als Dreiermädelgespann nochmal für ein Stündchen um die näher gelegenen Straßen des Hotels. Erste Eindrücke  sammeln, Wasser und Knabbereien kaufen.

 

3.Tag: Mittwoch 04.05.2016

Heute hieß es früh aufstehen. Das bedeutete 6.00 Uhr morgens Hotelwachruf.  Hatte mir vorsorglich aber den Wecker schon auf 5:45 Uhr gestellt. Reiseführer hatte nämlich  gewarnt, dass das hier in Indien mit dem Wecken zur „bestellten“ Uhrzeit nicht immer so funktioniert. Hat es aber!

Frühstück um 6.30 Uhr: Toastbrot, kleine leckere Bananen, Papayas,  gefüllte, ziemlich scharfe Kartoffeln, Pfannkuchen, Sirup, Linsengemüse, Ananas- und Multivitaminsaft, Tee, Kaffee….

Frisch gestärkt fuhr der Bus pünktlich um 7.30 Uhr los. Niemand kam zu spät.

Erste Erziehung des Reiseleiters war angekommen: Wer zu spät kommt, muss 5 EUR in die Busfahrerkasse einbezahlen. Um es vorweg zu nehmen, die Kasse blieb leer.

Delhi liegt im Norden Indiens am Fluss Yamuna durchschnittlich 216 Meter über dem Meeresspiegel. Die Metropole und Haupstadt Indiens hat knapp 17 Millionen Einwohner, verteilt sich auf eine Fläche von rund 1.484 km.

Erster Programmpunkt: Stadtrundfahrt durch Delhi. Zuerst zum Präsidentenpalast, den man nur von außen besichtigen darf. Also im Kreisverkehr zwei Mal langsam herumgefahren.

Weiterfahrt  zum alten roten Fort. Es liegt am östlichen Rand  von Shahjahanabad, der nach dem Großmogul Shah Jahan benannten Altstadt.

Das Fort ist eine Festungs- und Palastanlage aus der Epoche des Mogulreichs. Sie wurde zwischen 1639 und 1648 für den Mogulkaiser als kaiserliche Residenz erbaut. Ihren Namen erhielt die Anlage  von der charakteristischen roten Farbe des für die Festungsmauern verwendeten Sandsteins. Seit 2007 gehört sie zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Leider auch nur von außen und von der Ferne betrachtet.

Dafür durften wir dann in die größte Moschee Indiens, die Jama Masjid, auch „Freitagsmoschee“genannt. Sie ist eine der größten Moscheen der Erde. Sie steht auf einer rund 9 Meter hohen Erhebung im Zentrum von Shahjahanabad.  Der Bau erfolgte auf Geheiß wiederum Shah Jahans zwischen 1650 und 1656 unter der Aufsicht von Allami Said Khan und Fazl Khan.  Ca. 5000 Handwerker waren am Bau beteiligt.

 

Die Jama Masjid erhebt sich an der Westseite eines ummauerten Hofes. Der Hof ist  über von drei Seiten aufsteigende Freitreppen und drei doppelstöckige Torbauten zugänglich. Das östliche und größte Tor war früher dem Mogulkaiser vorbehalten. Auf dem circa  90 Meter langen Hof finden mehr als 20.000 Gläubige Platz. In der Mitte des Hofes befindet sich ein Wasserbecken, gedacht für die Reinigung vor dem Gebet.

Die Vorderfront der Moschee ist symmetrisch angelegt.  An das hohe Portal schließen sich beiderseits je fünf Arkaden an, an deren Ende jeweils ein 40 Meter hohes Minarett, also sozusagen ein Moscheeturm,  aufragt. Jedes der beiden Minarette krönt ein zwölfseitiger, offener Pavillon. Drei weiße, mit senkrechten schwarzen Streifen versehene Zwiebelkuppeln, deren mittlere die größte ist, schließen die Moschee ab. Für den Bau wurde im Wesentlichen roter Sandstein verwendet. Die Fassade ist zum Teil mit weißem Marmor verkleidet. Dort sind persische Inschriften eingelassen.

Auch die Kuppeln bestehen aus weißem Marmor, die Streifen aus schwarzem Marmor. Die von 260 Säulen gesäumte Gebetshalle ist Richtung  Mekka im Westen ausgerichtet. An der Spitze der Minarette sind Miniaturpavillons, sogenannte "Chhatris“, zu sehen. Das Portal wird an den Ecken von einer Kombination aus Lotosknospen und Miniaturpavillons bekrönt.

Damit wir in die Moschee durften, hieß es Schuhe aus,  Socken oder Einwegschuhe und sari-ähnliche Gewänder an.  Ich fand mich ganz schön hässlich. Aber wenn man in solche Länder reist, muss man seine mögliche Eitelkeit abstreifen und sich Land, Leute und Kultur anpassen. Basta! Gruppenfoto gab’s auch. Umringt von ungläubig dreinblickenden jungen indischen Männern. Fleischbeschau ?  

Anschließend Weiterfahrt  zur Gedenkstätte Raj Ghat. Ein einfacher Quader aus schwarzem Marmor, jede Menge bunter Blumen und  eine immer brennende Kerze, inmitten eines Parks mit Magnolienbäumen. Hier wurde Mahatma Gandhi,  Rechtsanwalt und Vater der indischen Unabhängigkeit,  am 30.01.1948 erschossen. Seine Asche liegt dort aber nicht!

Nun  ging es zurück nach New Delhi.  Auf dem Weg dahin überall Mopeds, Fahrrad- und Autorischkas, Autos, Busse  , dazwischen Kühe…., Menschen….. Man weiß gar nicht wohin man zuerst seinen Blick wenden soll.  Aber an dieses Bild würde man sich schnell gewöhnen.

In New Delhi das Qutab Minar (=fünfgeschossiger Sieges- und Wachturm ; zählt zu den höchsten Turmbauten der islamischen Welt) besucht.

Beeindruckend fand ich die in roten, teilweise aus hellem Sandstein mühevoll gemeißelten Figuren, Reliefe, Muster etc.

Weiter zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Grab des Humayun.  Baubeginn 1562, Bauzeit 8 Jahre. Die Stätte umfasst außer der Hauptgrabstätte Humayuns noch andere Bauten und Grabmonumente der Mogularchitektur - darunter auch den Grabbau seines Barbiers.

Ursprünglich lag das Mausoleum nahe am Fluss Yamuna.  Dieser änderte  jedoch später seinen Lauf.

Im Gegensatz zu den späteren Mausoleen aus Ziegelsteinen, besteht das Humayun-Mausoleum aus nur grob behauenen Bruchsteinen. Diese waren  entlang der schlammig-sandigen Flussufer der Yamuna selten zu finden. Sie wurden deshalb aus Abrissbauten entnommen oder aber mussten  von weither herangeschafft werden. Nach Fertigstellung des Kernbaus wurden die Wände mit Platten aus verschiedenfarbigem Sandstein verkleidet oder aber nur verputzt und farbig bemalt. Marmor kommt nur in der Verkleidung der Hauptkuppel und in den weißen Flechtbandintarsien vor, die den ganzen Hauptbau umziehen.

Zurück durch den geometrisch angelegten schönen Park mit schmalen Wasserkanälen zum Bus.

Vorbei am 42m hohen  India Gate (=Stadttor von Delhi, offiziell „All India War Memorial“ genannt ), dem Triumphbogen ging es dann nach und nach raus aus Delhi.

Trotz „Stau“ – unsere westliche Einschätzung - , dort einfach nur wieder viele Autos, Mopeds überladen mit allem was sich transportieren lässt an Material oder menschlicher Fracht, Trecker beladen mit überdimensionierten Strohballen und so weiter…Weiter auf der Autobahn vorbei an modernen Bürogebäuden von Accenture, IBM, Google, KPMG etc. raus  Richtung „Land“.

Ich persönlich hatte den Eindruck, den einfachen Bauern in ihren ärmlichen Häusern bzw.  Dörfern geht es da trotzdem noch besser als den „Städtern“, vor allem in Old Delhi.  Zum Fotografieren - wenn ich ehrlich bin - äußerst interessant und vielseitig.

Aber in Old Delhi leben Handwerker angefangen vom Barbier, über Fleischer, Reifenhändler, Süßigkeitenverkäufer, Obst- und Gemüseverkäufer, und und und…. alle auf engstem Raum und versuchen ihre Waren feil zu bieten. Darunter  findet man natürlich auch Bettler, Lebrakranke, viele Frauen die beim Straßenbau helfen, schwer schleppen…

Nach insgesamt ca. 8 Stunden Fahrt im angenehm klimatisierten Bus landeten wir voller neuer Eindrücke und zugegebenermaßen auch etwas müde in unserm  Hotel Udai Resort in Mandawa.

Leckeres Büffet-Abendessen mit indischer Musikuntermalung durch einen alten Inder mit „vermutlich“ Enkelsohn. Beide traditionell gekleidet mit rotem Turban.

Ein Bierchen für 350 Rupien  „gegönnt“.

Gruppe ist sehr nett, eine gelungene Mischung aus Älteren und Jüngeren, Pärchen und Einzelreisende, so wie ich. Plaudern kann man hier mit jedem, irgendwie haben die meisten dieses „Weltenbummler-Gen“ im Blut. Der Reiseleiter zeigt uns, wie unsere Namen auf Hindi geschrieben werden.

Hundemüde gegen 0:30 Uhr viel zu spät ins Bett gefallen.  Morgen heißt es um 7:00 Uhr aufstehen. Wer zu spät kommt, auf den warten bekanntermaßen „harte Strafen“.

4. Tag: Donnerstag 05.05.2016

Tja plötzlich kommt unverhofft.  Aber eher von der unangenehmeren Sorte.  Ab nachts 1.30 Uhr nur noch vom  Bett ins Bad und zurück gewandert.  Unterdessen stundenlanges Wetterleuchten, was sich dann von der Ferne erst wie ein Sandsturm ausgab und  plötzlich in einen heftigen, peitschenden Regen wechselte. Da ich ja ohnehin die Nacht zum Tag machte, konnte ich das alles schön von meinem Zimmerfenster aus beobachten.

Dem nicht genug. Klimaanlage weil zu warm und zu laut mir dir nichts abgestellt. Ließ sich ja wieder anstellen bei Bedarf. Von wegen. Vielleicht auch einfach nur zu blöd für indische Klimaanlagentechnik. Zusammenfassend also eine  warme Wandernacht mit Durchfall, Unterleibsschmerzen und was am schlimmsten war urplötzliche Magenkrampfattacken gepaart mit der fieberhaften Überlegung – an Schlaf war ja nicht zu denken -  wo hab’ ich mir das bloß eingefangen.  

Schließlich vor Reiseantritt schlau gemacht, was Hygiene in Indien angeht. Auch, was man besser lässt! Nur wirklich original verschlossene  Wasserflaschen kaufen z.B.  und die Grundregel beachten kochen - braten - schälen - oder vergessen.

Zum Frühstück also mehr oder weniger nichts gegessen. Nur Tee getrunken. Ingwertee wurde in Indien auf Dauer sowieso mein Favorit-Getränk.  An Schlaf war auch im Bus trotz wacher Nacht nicht zu denken. Immer mal geplagt von heftigen Magenkrämpfen. Der  Wille möglichst viel von Indien sehen zu wollen, wenn man schon mal da ist, hielt mich wohl irgendwie auf den Beinen.

Auf der Fahrt Richtung Bikaner sahen wir immer mehr Kamele und Sanddünen.

In einem kleinen Ort bei Bikaner  angekommen, bestaunten wir fasziniert  die schönen, palastartig ausgestalteten Wohnhäuser der wohlhabenden Händler auch „Havelis“ genannt.  Der Name Havelis stammt aus dem Arabischen. Dies bedeutet so viel wie umbauter Platz. Ja, mit traditionellen, orientalischen Mustern wurden diese imposanten Herrenhäuser um einen Innenhof „platziert“.

Natürlich wurden wir überall von Jungs umringt, wie wahrscheinlich alle Touristen. Denn die Havelis von der Region Rajasthan gehören zu den kulturhistorisch bedeutsamsten und von Touristen gerne besuchten Wahrzeichen der Region.

Postkartenverkauf für ihre – angeblich –private Schule, je mehr man kauft, desto größer der Rabatt, natürlich wird man auch übers Ohr gehauen, was soll’s.  Ketten, eine bunter und kitschiger als die andere… Sich gegen Geld von und mit den Touristen  fotografieren lassen.

Am frühen Nachmittag erreichten wir dann Bikaner selbst. Kurzer Stopp in einem kleinen Restaurant gegenüber dem Junagarh Fort.

Ich blieb meiner Linie treu. Das Essen sah zwar wirklich verdammt lecker aus. Aber mein Magen würde rebellieren. Drum trank ich wieder Tee. Der Tee hier  soll besonders gut für Magen und Darm sein…. Trotzdem war ich froh, dass das WC gleich ums Eck war.

Nach dem Restaurantstopp bzw. frisch gestärkt ging  es für die noch „Fitten“ –ich bin inzwischen nicht mehr die Einzige Durchfallgeplagte – hinein ins Junagarh Fort.

Das Junagrah Fort ist eine historische Festung. Es ist eines der beeindruckendsten Forts in Rajasthan.

Junagarh Fort und seine Paläste wurden zwischen 1588-1593 von Raja Raj Singh, einem General in der Armee des Großmogul Akbars, erbaut. Die Festung hat eine 96 Meter lange Mauer. Im Innern befinden sich  37 Paläste, Tempel und Pavillons. Die ebenfalls 37 Bastionen der Festung bewachen es. Nur zwei Tore ermöglichen den Zugang  ins Innere der Festung. Der Haupteingang des Kastells ist das Suraj Pol oder Sun Gate genannt. Die Paläste wurden aus edlem rotem Sandstein und Marmor gebaut . Verziert sind sie mit Spiegelarbeiten, Schnitzereien und Gemälden. In den  Palästen finden sich exquisit geschnitzte Fensterdekorationen, Balkone, Türme und kleine Zimmer. Die Innenräume enthalten lackierte Möbel, Spiegelarbeiten, Kristallglas, chinesische Tapeten und holländische Kacheln, Wandbilder, Goldarbeiten (Blattgold), Emaille, Shell-Lackierungen und Kalkputz.

Im Inneren der Festung sieht man das niedrige Bett des Maharajas, den Durbar im Krönungssaal, mittelalterliche Mughal-Schwerter, ein Flugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg, Miniaturen der Bikaner-Schule und ein Ölgemälde des Versailler Vertrags. Das Fort-Museum verfügt über eine umfangreiche Sammlung von Handschriften, Schmuck, Gläsern, Teppichen, Waffen, Verträge und seltenen Antiquitäten.  Allerdings war die Zeit zu knapp, um das Museum zu besuchen.

Die Festung beinhaltet wie gesagt viele Paläste, unter denen die spektakulärsten das Chandra Mahal oder Moon Palace, das Phool Mahal oder Blumen-Palast, das Anup Mahal, Gaj Mandir und Har Mandir sind.

Sogar einen Pool ließ sich der Maharaja in den Innenhof des Rajasthanpalasts plazieren. Allerdings ist das Wasser  welches da heute noch drinnen stand ziemlich ecklig. Also nix mit Baden!

Nach ausgiebiger Besichtigung des Junagrah Forts ging es aufgeteilt in Zweier- und Dreier Gruppen via Tuck Tuck zurück in die Innenstadt von Bikaner.

Bikaner, 1488 gegründet, ca. 250 km westlich von Delhi im Herzen der Wüste Thar gelegen, zählt angeblich um die 2,5 Millionen Einwohner. Im Internet (s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Bikaner, Stand 05.01.2017)  ist von nur rund 650.000 Einwohnern die Rede. So genau weiß das hier keiner. Überall auch hier ein Gewusel hier, ein Gewusel dort.

Diese Tuck Tucks sind in aller Regel grün-gelbe, dreirädige Autorischkas (=Threewheeler), die ständig hupend von A nach B düsen und  sich einfach überall durchschlängeln. Achterbahnfahren ist nichts dagegen! Unser Gepäck wurde auf andere Tuck Tucks verladen. Unser Bus muss außerhalb der Stadt bleiben.

Unser Hotel Bhanwar Niwas  in der Altstadt von Bikaner war ein Havelis .

Wie ich in einem privaten Dachrundgang am nächsten Morgen vom Besitzer erfuhr, ist es 95 Jahre alt und wurde vor 32 Jahren umgebaut.

Die Zimmer haben teilweise einen Blick wie auf einer Galerie auf den tollen, nachts sogar teilweise beleuchteten Innenhof. 

Leider fiel auch hier mein Abendessen  mit nur Reis, etwas Toastbrot  und Ingwertee sehr spartanisch aus. Ehrlich gesagt musste ich mich aber zum Essen schier zwingen und solange mich noch hier und da Magenkrämpfe beuteln, verzichtet man freiwillig. Da das der Fall war, habe ich nur all die Köstlichkeiten als tolle Erinnerung fotografiert.

Und wir hatten ein Geburtstagskind zu feiern. Aber auch von der Überraschungscremtorte ließ ich lieber die Pfoten!

 

5. Tag: Freitag 06.05.2016

Wie gesagt nach wieder umtriebiger Nacht und Einwurf einer Ibro 600, um wenigstens etwas schlafen zu können – ich tippe mal auf maximal vier Stunden Schlaf in Gänze - Frühstück gegen 7.00 Uhr.

Immerhin eine Scheibe Toastbrot und ganz mutig im Laufe der heutigen Busfahrt ins ca. 250 km entfernte Jodhipur noch ergänzt um zwei Bananen.

Nicht in unserer Reiseroute aufgeführt war der Karni Mata.  Der Karni Mata Tempel  steht in der kleinen Stadt Deshnok, etwa  30 km südlich von Bikaner, nahe der pakistanischen Grenze.

Gewidmet ist dieser hinduistische Tempel Karni Mata, der Reinkarnation der Göttin  der Vollkommenheit „Durga“. Über die Grenzen von Indien hinaus ist der Tempel vor allem als heiliger Rattentempel bekannt. Im Tempel leben schätzungsweise 20.000 Ratten. Sie werden von den Besuchern mit mitgebrachten Speisen und Getränken versorgt. In den Ratten leben angeblich Dichter und Sänger fort.

Läuft einem eine Ratte über die Füße, bedeutet das Glück. Darauf konnte ich dennoch gut und gerne verzichten.  Ich war froh Socken und leichte „Überzieher“ tragen zu dürfen. Ein Infekt war mir mehr als genug. Die Hindus kommen selbstverständlich barfuß.

Der Boden war klebrig, überall Essensreste in den Ecken, überall natürlich Ratten, auch wenn sie eher wie kleine Mäuse aussahen. Natürlich wird hier geboren, gelebt und gestorben. Dementsprechend  ein seltsamer, modriger, amoniakähnlich beißender Geruch nach Rattenpisse…. Also  nicht unbedingt tief einatmen.

Die Hindus unterscheiden die Ratten im Tempel und außerhalb des Gebäudes. Im Tempel werden die Ratten als heilig verehrt außerhalb als Schädlinge angesehen. Die Ratten werden gejagt und weit entfernt wieder ausgesetzt. Getötet werden sie nicht.  Den Indern sind alle Tiere heilig. Sollte ein Besucher aus Versehen auf eines der Tiere treten oder es unter sonstigen Umständen  töten, muss er es außerhalb des Tempels bestatten und als Buße eine Ratte aus Silber oder Gold stiften.

Zum Schutz der heiligen Ratten vor Fressfeinden aus der Luft ist der offene Tempelbereich nach oben hin durch ein Netz abgesichert. Die Gläubigen essen von den Speisen und trinken Wasser oder Milch aus den Schalen, von denen zuvor die Ratten gegessen oder getrunken haben. Das soll Segen bringen.

Dieser Tempel hatte schon etwas Skurriles an sich. Einerseits war ich zugegebenermaßen froh, als ich wieder draußen stand, andererseits ist es faszinierend zu sehen, fast schon zu spüren, mit welcher tiefen , religiösen Inbrunst die Menschen hier „verharren“.

Zu guter Letzt sahen wir noch ein Eselskarren, der vor dem Tempel stoppte. Getreidenachschub für die hungrigen Ratten.

Der Hinduismus hat seinen Ursprung in Indien.  Rund 70 % der Bevölkerung sind Hindus. Die Hindus verehren mehr als 330.00.000 verschiedene Gottheiten. Jede Gottheit hat eine Frau und ein Tier.

Als wichtigste Gottheiten habe ich mir später notiert:

Shiva: Er ist einer der Hauptgötter des Hinduismus. Dargestellt wird er bildlich mit drei Augen und vier Armen, zwei Nattern um den Hals. Einerseits ist er der Gott der Zerstörung, andererseits der Gott der Erneuerung.  Das ist der Kreislauf des ständigen Werdens und Vergehens. Wörtlich übersetzt heißt Shiva  „der Liebevolle“ oder  „der Glückverheißende“

Parvati: ist Shivas Gattin und Mutter von Ganesha; ihr Name bedeutet Tochter der Berge und verkörpert in sich alle Tribute der Gatten- und Mutterliebe

Ganesha: Er ist einer der wichtigsten, populärsten und  zugänglichsten Götter Indiens überhaupt, der fast an jedem Straßenschrein verehrt wird. Er ist der Sohn des Shiva und der Parvati. Sein Name bedeutet „Anfang“ und steht für Wohl und Glück. Man erkennt ihn am Elefantenkopf.

Krishna: Er hat stets eine Bambusflöte bei sich. Im Haar trägt er eine Pfauenfeder. Traditionsgemäß wird Krishna mit blauer Hautfarbe und mit gelber Kleidung dargestellt. Die gelbe Farbe steht für die Unendlichkeit und ist die Farbe der Erde. Krishnas blauer Körper mit gelber Kleidung stellt daher das reine, unendliche Bewusstsein dar. Er verkörpert Lebensfreude und Hingabe.

Vishnu:  ist der Gott der Erhaltung, der Alldurchdringende; dargestellt als junger Gott mit vier Armen.  In einem Arm hält er einen Diskus, im nächsten ein Muschelhorn, im dritten eine Lotusblüte und im letzten eine Keule.

Lakshmi: Sie ist die Gattin von Vishnu und die hinduistische Göttin des Glücks, der Liebe, der Fruchtbarkeit, des Wohlstandes, der Gesundheit und der Schönheit.

Brahma: wird als reifer, bärtiger und wohlgenährter Mann mit vier Gesichtern- für die vier Himmelsrichtungen -  und vier Armen dargestellt. Brahmas vier Arme halten Palmblattmanuskripte der vier Sammlungen der Veden (=uralte Schriften) , Wassergefäß, Rosenkranz und Lotosblüte. Er ist der Gott der Schöpfung, der Erschaffung.

Saraswati: ist die Göttin der Ausbildung bzw. der Weisheit und Gelehrsamkeit , aber auch Göttin des Lernens, der Sprache, der Wissenschaften, der Künste, der Dichtung, der Literatur, der Schrift, der Weisheit, des Tanzes, des Gesanges und der Musik.

Hanuman: ist der Affengott. Als Affe steht Hanuman dafür, dass jedes Geschöpf zu Gott kommen kann. Er ist Sohn von Vayu, dem Windgott.

Siehe hierzu  unter anderem z.B. auch http://vedanta-yoga.de/alle-indischen-gotter/ oder http://www.id-reisewelt.de/indien/allgemeine-informationen/Hinduismus/Hindugoetter/ jeweils Stand 05.01.2017

Trotzdem komme ich immer wieder durcheinander, wenn ich hier und da mal eine göttliche Statue sehe…

In ganz Indien werden über 1.000 verschiedene Sprachen gesprochen.  Offizielle Amtssprache ist Englisch. Es gibt eine 8-jährige Schulpflicht.  Theoretisch… Einschulung normalerweise mit 6 Jahren. Wer sich über die allgemeine Schulpflicht hinaus ausbilden kann und darf, kann noch bis zur 12. Klasse in die Schule gehen.  Für die niederen Kasten ist die Schule frei, ansonsten kostet ein Monat  so rund 30 Rupien.  Aus westlicher Sicht klingt dieses „Schulgeld“ nicht hoch. Allerdings muss man bedenken, dass die Schere in Indien zwischen arm und reich sehr groß ist.

Nach diesem kurzen Exkurs in die indische Götterwelt und über das Schulwesen in Indien, zurück zur Tour.

Vom Rattentempel aus ging es dann in langer, rund 6-stündiger Fahrt mit nur zwei kleinen Notpausen weiter nach Jodhpur. 

Diese „Kleinstadt“ mit rund 1. Mio. Einwohner liegt im Bundesstaat Rajasthan.

Jodhpur, 1459 gegründet, war die Hauptstadt des Raiputen - und späteren Fürstenstaats Marwar und ist heute – nach Jaipur – die zweitgrößte Stadt Rajasthans.  Die Stadt zählt zu einem der beliebtesten  Reiseziele Indiens mit vielen Palästen, Festungen und Tempeln in der rauen Landschaft der Thar-Wüste. (https://de.wikipedia.org/wiki/Jodhpur, Stand 05.01.2017)

Unser Hotel Mapple Abhay  liegt auch hier wieder im Stadtzentrum.  Dann das immer wiederkehrende Ritual: Passabgabe , im Gegenzug  Zimmerschlüssel und WIFI Passwort.  Dem Kofferträger ein Trinkgeld.

Kurzes frisch machen. Irgendjemand  hat auch einen Pool gesehen. Ich nicht. Bleibt ja in aller Regel auch nicht viel Zeit zwischen Ausflugsprogramm und Abendessen.

Also wieder ab in den Bus. Weiterfahrt zum imposanten Mehrangarh Fort. Auf einem 123 Meter hohen Felsen gelegen, thront die Festung  über der Stadt Jodhpur. Sie  ist mit ihr durch eine sich den Berg hinaufwindende fünf Kilometer lange Straße verbunden. Klar, dass man von hier oben aus einen überragenden Blick auf die Stadt selbst mit all ihren blau gestrichenen Häusern hat. Jodhpur heißt demzufolge nämlich auch die blaue Stadt.

Bei dem Blau handelt es sich in aller Regel um Indigoblau. Dieses soll die Häuser voll lästigem Ungeziefer schützen. Das Mehrangarh Fort beweist uns  eins ums andere Mal mit welchem Kunstverständnis und mit welcher Begabung hier überall Steinschnitzarbeiten angebracht wurden. Ich muss gestehen, ich war mal wieder „absolutely impressed“ und dies wurde selbstverständlich bildlich festgehalten.

Apropos … Manch einer schaut uns „Europäer“ total begeistert an.  Fotos hier, Fotos da, alleine, mit Freunden oder am besten gleich mit der ganzen indischen Großfamilie. Demzufolge nicht nur ein Foto mit gut aussehenden, jungen indischen Männern und überall ein Lächeln im Gesicht! Wer weltoffen ist wie ich, kann damit umgehen.

Wer nach dem Besuch des Forts müde oder fußlahm war, durfte sich mit unserem Bus zurück zum Hotel und Pool kutschieren lassen. Die Mehrheit aber, so freilich auch ich, entschied sich zum rund 20-minütigen Fußmarsch bergab durch die Altstadt von Jodhpur und somit durch die engen, verwinkelten Gassen mit den verschiedenen Blautönen der Häuser an den Berghängen.  Muss ich’s erwähnen?  Fotostopp hier und da für verschiedene Blicke auf die Stadt, die Häuser, das Blau und die Menschen.

Dann ein „Stopp“ in einem kleinen Imbiss am großen Marktplatz für einen Joghurt mit Safran, Lassi genannt. Lassi wird gern zu scharfen Speisen getrunken, "da es – im Gegensatz zu anderen Getränken – durch den Fettgehalt die Schärfe des Essens mildert und seine Verdaulichkeit erhöht". (https://de.wikipedia.org/wiki/Lassi, Stand 05.01.2017)

Trotz anfänglicher Bedenken meinerseits: Gut bekommen und sehr lecker!

Zu guter Letzt 20-minütiger Bummel über den Marktplatz mit seinem bunten Treiben. Die Kamera steht gar nicht mehr still: Bunte Stoffe aus Seide und Baumwolle, Blechtöpfe jeglicher Größe, Gemüsestände mit Kürbissen, Gurken, Tomaten, Zwiebeln, Ingwer , anderen mir unbekannten Wurzeln, Mangos, Zitronen, Papayas und allerlei bunte Gewürzstände mit  Curry in lauter bunten Farben, Ingwer, Paprika, Chili, kitschig bunte Nudeln…

Unser Rundgang wurde  derweil von einem kleinen Mädchen – wahrscheinlich kastenlos -  begleitet. Alter schwer zu schätzen. Da die bettelnden Kinder oft sehr verhärmt  und mager sind, schätzt man sie oft jünger als sie sind. Ich schätze mal 6 Jahre alt, in Wirklichkeit war sie mindestens 10?!  Unnachgiebig wich sie uns nicht von der Seite und bettelte und stupste uns immer wieder an, während sie in einem Affenzahn herumliegende leere Wasserflaschen in ihren Plastiksack warf. Wir ignorierten sie irgendwann nur noch, so traurig es klingt.

Für 200 Rupien ging es dann per Tuck Tuck mit meinen zwei Mädels zurück zum Stadthotel.  Im Gegensatz zu unsere Tuck Tuck Fahrt in Bikaner war das hier aber eine lahme Tour. Oder wir schon angepasst…

Zum Abendessen erlaubte ich mir nach diesem erlebnisreichen Tag ganz mutig ein kühles Bier. Ach war das mal eine Wohltat. Guide wie immer zu spät zum Abendessen. Styling geht vor!

Unsere schwäbischen Sparschweine - so wurden zwei schwäbische Mitreisende alsbald nur noch genannt - schafften es nach einem tollen Abendessen sich wieder unangenehm in den Vordergrund zu drängen:  Sie regten sich tierisch darüber auf  - vor dem Ober versteht sich  - dass dieser beim Abkassieren des Biers 300 Rupien haben wollte, wo tags zuvor das Bier doch nur 270 Rupien gekostet hätte.  Zum Verständnis: 10 Rupien entsprechen circa 14 Cent…

Sicher möchte ich mich auch von niemandem bescheißen lassen auf gut Deutsch, aber das war einfach nur lächerlich! Zeigte mir, dass wer die Regeln und Mentalität eines Landes nicht verstanden hat, besser daheim bleibt, anstatt sich immer mal wieder was zu gönnen a la Ausland reisen ohne die anderen mit leben zu lassen.

Kein Wunder also, dass der Reiseleiter nur noch die Augen verdrehte  und meinte, bei noch so einer Reisegruppe mit solchen Leuten, würde er den Dienst quittieren.  Deshalb gab es noch ein Bier für wohlgemerkt 300 Rupien und bei seinen Erläuterungen der Cricket Regeln beruhigten sich die Gemüter der noch am Tisch Verbliebenen.       

6. Tag: Samstag 07.05.2016

Wie fast jeden Morgen Weckruf seitens des Hoteltelefons pünktlich um 7:00 Uhr. 7:30 Uhr Frühstück.  Pancake mit Honig, etwas  Obst, Tee… Um 8:30 Uhr gestriegelt mit Sack und Pack Abfahrt.

Bevor es zum nächsten Zwischenstopp nach Rankapur ging, legten wir mit Einverständnis aller noch einen  Zwischenstopp bei einem am Ende von Jodhpur gelegenen Antiquitätengeschäft incl. Stoff- und Schalgroßhändler ein. Stoffe und Schals jeglicher Größe und Farbe in Hülle und Fülle: Mit Mustern, ohne Muster, mit Patchwork, aus Baumwolle bis hin zur edelsten, teuersten Seide, die angeblich 5.000 EUR für 240 cm x 240 cm Stoff kosten würden…. Da bleiben zumindest theoretisch keine Wünsche offen.

Der Ladeninhaber und Verkäufer mit Leib und Seele breitete dann auch einen Stoff nach dem anderen, einer herrlicher als der andere vor unseren Augen aus.  Kein Wunder, dass nach gut 90 Minuten- statt veranschlagter 45 Minuten – fast jede Frau mit einem großen blauen – schwer verdächtigen –Plastikbeutel und ein paar Euros ärmer , aber trotzdem lächelnd, den Laden wieder verließ.   Wer es noch nicht weiß, auch gut für den Reiseleiter. Vermittlungsprovision…

Anschließend Weiterfahrt  zu einer kleinen Töpferei. Nachdem ich ja selber töpfere, war das explizit für mich sehr interessant.  Auch hier ist klar einmal Töpfer, immer Töpfer, so zieht sich das von einer Generation zur nächsten durch.  Das Töpferhandwerk  an sich existiert in Indien schon seit über 10.000 Jahren  und ist in ganz Indien weit verbreitet. Immer wieder sieht man am Straßenrand kunstvoll  aufeinander gehäufte Tonschalen, Vasen, Krüge…

Ein äußerst begabter junger Töpfer zauberte im Nu auf einem alten Mühlrad, welches ihm als manuelle  Töpferscheibe diente, mit seinen Fingern eine Wunderölvase, eine kleine normale Vase und einen Frosch hervor.

Im Gegensatz zu dem Stofffabrikanten ging es der Töpferfamilie in mehrjähriger Generation bei Leibe nicht so gut. Die Kinder bettelten uns beim Gehen nach Geld an, deren Vater musste formell schimpfen. Gekauft hat von uns auch kaum einer etwas.

An einem Chilistand ums Eck kaufte eine Mitreisende dann noch einen kleinen Beutel Chilis. Der Verkäufer hätte ihr einen ganzen Sack für 50 Rupien verkauft.

Nach diesen beiden nicht im Reiseverlauf stehenden Zusatztouren – und von mir durchaus nicht als Kaffeefahrttouren empfundenen Unterbrechungen – ging es dann ohne weitere Umwege direkt in den Süden des Bundesstaats  Rajasthan nach Ranakpur.  Dort finden sich die großartigen Jain Tempel Indiens aus dem 15 Jahrhundert auf eine Fläche von rund 3600 qm.

Weißer Marmor durchzieht den Haupttempel Chaumukha Mandir. (Adinath-Tempel)

Wie immer war Schuhe ausziehen angesagt.  Auch schon ein Ritual. Alle bekamen ein Audiogerät, das uns durch die Tempelanlage dirigierte. Wie in fast allen Tempelanlagen zuvor und die noch vor uns liegen, muss man für die Fotokamera bzw. Videonutzung eine Gebühr bezahlen. Touristen mehr als Inder,  versteht sich.

In Summe war die Tempelanlage schon mächtig imposant. Ich zog es vor, alleine durch die  „Säulen“ zu wandeln und stehen zu bleiben und wirken zu lassen, wo mir danach war.

1444 Säulen stehen reich verziert und mit kunstvollen Schnitzereien versehen im Haupttempel.

 75 Minuten  Zeit hatten wir zur Verfügung. Da blieben sogar wirklich mal ein paar Minütchen, um sich mal auf eine Stufe zu setzen, um die Situation, die Mystik, das „Warum“ zu spüren.

Daneben der kleine Tempel mit lauter Kamasutra Szenen. Alles aus Marmor. Angeblich gibt es über 86 Kamasutra - Positionen.  Zuhause habe ich nachgelesen, angeblich sogar über 106….

Auf dem Parkplatz vor der Tempelanlage postierten viele Affen, vor allem Mütter mit Babys.  Inklusive Fellpflege, säugen….Süß! Manche saßen auch auf dem Nachbarbus. Aber wir konnten auch beobachten, dass Affen und Hunde sich weiß Gott nicht leiden können. Wenn es ums Fressen geht, verstehen Affen keinen Spaß. Da werden  schon mal ihre gefährlichen Zähne gezeigt.

Nach Besichtigung dieser -  wie gesagt herausragenden - Tempelanlage inklusive Affenshowlauf ging es weiter nach Udaipur, welches auch „Venedig des Ostens“ genannt wird.

Es muss erwähnt werden: Hier der „Oberhammer“ an Hotel. Sein Name Hotel Castle Mewar.  Etwas abgelegen von Udaipur mitten in der Natur, von Bergen umgeben mit Palmen und Kakteen.  Was für ein Traum! Hier fühlt man sich wie im Märchen aus tausend und einer Nacht. Wahnsinn! Und vor allem diese Ruhe! Wir genossen es alle. Und noch besser für uns: Wir waren die einzigen Gäste.

Keine Sperrstunde für den Pool. Juhu! Ich schwimme doch so gerne. Nachtschwimmen im beleuchteten Pool ist doch eh das Beste! Der ca. 6m x 20 m große Pool mit großer Balkonterrasse wurde dann auch unverzüglich von uns allen in Beschlag genommen… Abgesehen von den Nachzüglern, die erst mal WIFI in der Lobby ausnutzen mussten.

Auch das Personal  war supernett!

Man muss es eigentlich nicht zur Sprache bringen oder? Natürlich war auch das Abendessen in Büffelform super lecker. Mit meiner Zurückhaltung war es jetzt dahin. Ich verwöhnte mich  auch wieder mit einem  650 ml Fläschchen Bier Marke „Kingfisher“. Wohl bekomm’s!

Dann noch etwas die Füße aus meinem Erdgeschoßfenster  baumeln lassen. Noch ein bisschen via WhatsApp mit Freunden und Familie in Deutschland kommunizieren. Die sollten doch auch sehen, wie gut es mir gerade ging.

Trotz der himmlischen Ruhe und des wunderbaren Betts wieder zwei Mal nächtliche Wanderung. Vielleicht sollte man das Ganze positiv sehen. Nur noch zwei Mal…. Außerdem hatte ich wieder das altbekannte Klimaanlagenproblem.  Hab das Ding einfach nicht zur Ruhe zwingen können…. Beim nächsten Mal Ohrstöpsel mitnehmen!

7. Tag: Sonntag 08.05.2016

Um 6.15 Uhr war die Nacht dann auch schon wieder pas­sé. Nach kurzer morgendlicher Erfrischungsdusche  schwamm ich noch eine Runde im Pool.

Um 7.00 Uhr Frühstück: Zwei  Pancakes, Wassermelone, Papaya sowie leckeres Rührei mit Würfeltomaten, Koreander und Ginger-Tea. Wie gesagt der Ginger-Tea ist in den letzten Tagen fast zum Lebenselixier, zur Gewohnheit geworden.

Aber Achtung: Manchmal bekommt man auch einfach einen Schwarztee mit Ingwergeschmack. Es sollte schon  heißes Wasser mit echtem Ingwer sein. Hilft mehr und schmeckt viel besser!

Was sagte die Temperatur  uns heute? Leicht wärmer als die Tage zuvor: Schlappe 43 Grad zeigte das Thermometer in einer Ortschaft  an. Sonst hatten wir  immer „nur“ um die 37 Grad!

Wie angekündigt, stand heute eine Stadtrundfahrt durch Udaipur  mit seinen großartigen Palästen und vielen exotischen Gärten auf dem Programm.

Udaipur, die ehemalige Hauptstadt Mewars wurde 1567 süd-westlich der alten Königsstadt Chittorgarh gegründet. Der günstigen Lage an den Ufern zweier Seen – Lake Pichola und Fateh Sagar- verdankt die Stadt ihren Titel „Venedig des Ostens“. Umgeben von den sanften Hügeln der Aravalli-Berge ist Udaipur noch heute eine der schönsten Städte Indiens.  Zahlreiche Künstler ließen und lassen sich noch heute von Udaipurs Romantik inspirieren.

Die Altstadt um den Stadtpalast herum, ist ein Labyrinth aus kleinen Straßen und verwinkelten Gassen. Ganz unverhofft steht man plötzlich vor einem prunkvollen Haveli oder einem kunstvoll geschmückten Tempel. Udaipurs glorreiche Vergangenheit scheint nur einen Wimpernschlag entfernt.

Gegründet von Maharana Udai Singh, ist Udaipur das Juwel Mewars, ein Königreich  seit mehr als 1200 Jahren regiert von der Dynastie der Sisodias. Nach einem verheerenden Krieg mit den Mogul-Herrschern mussten sie ihre alte Hauptstadt Chittorgarh wegen ihrer ungünstigen Lage aufgeben. Sie  entschieden sich, weiter im Süden in den schützenden Aravalli-Bergen anzusiedeln. Auf Rat eines Weisens legten sie den Grundstein für ihre neue Hauptstadt an das Ufer des Pichola-Sees. (http://wikitravel.org/de/Udaipur, Stand 05.01.2017)

Für uns ging es zuerst zum entzückenden Stadtpalast (City Palace), welcher durch seine Verzierungen mit glitzernden Spiegeln, bunten Fenstern, handgemalten Wandtapeten und unzähligen Ornamenten besticht.

Noch heute wird die Stadt von eben diesem mächtigen Stadtpalast, dem größten Palastkomplex Rajasthans, dominiert. Auf dem Rücken eines flachen Hügels gelegen, überblickt er den Pichola-See.  D.h. von den oberen Etagen aus hat man immer wieder schöne Panorama-Ausblicke auf den See.

Die ersten Gebäude entstanden direkt um 1567, aber spätere Könige fügten zahlreiche Anbauten hinzu. Dennoch erscheint der Stadtpalast auf den ersten Blick überraschend gradlinig. Heute beherbergt er neben der Privatwohnung des Nachfahrens des letzten Königs, zwei Luxushotels, ein Museum,  verschiedene  Läden und eine Schule.

Früher war Udaipur durch eine Stadtmauer, die ringförmig um die Stadt herumgebaut war sowie elf Stadttore geschützt. Von der Mauer sind heute nur noch einige Teilstücke sowie acht der elf Stadttore, die heute als Denkmäler geschützt sind, übrig. Die Stadt hat jedoch ihre einstige Begrenzung längst überwachsen und verfügt heute über circa 450.000 Einwohner.(https://de.wikipedia.org/wiki/Udaipur, Stand 05.01.2017)

Um die optimale Wasserversorgung ihrer Untertanen sicherzustellen, erbauten die Herrscher Udaipurs ein ausgeklügeltes Damm- und Kanalsystem. Dadurch entstand das heutige Stadtbild mit dem großen oberen Stausee Fateh Sagar und den Verbindungsseen Swaroop Sagar und Rang Sagar. Verbunden durch Schleusen und Kanäle wird somit der Wasserstand des Pichola-Sees konstant gehalten und die Wasserversorgung der Bevölkerung gewährleistet.

Die nächste Etappe führte uns zum Jagdish Tempel. Er ist nur rund 150 Meter nördlich vom Stadtpalast entfernt.  Er gilt als der größte und bekannteste Tempel in Udaipur.  Er wurde nie zerstört, so dass man ihn im ursprünglichen Zustand ganz in der hinduistischen Bautradition, bewundern kann.

Erst geht es die Straße leicht bergauf, vorbei an diversen kleinen Lädchen und in dem Moment wo man es nicht erwartet, steht der Tempel plötzlich unmittelbar vor einem.

Der 1651 n.Chr. von Maharana Jagat Singh I erbaute und Vishnu geweihte Tempel hat eine 24 Meter hohe imposante Pagode.  Dieses turmartige Bauwerk ragt  weit über die umliegenden Häuser heraus.  Das Heiligtum steht auf einer erhöhten Plattform und wird von einer Mauer umschlossen.

Eine ziemlich steile Treppe führt hinauf in den Vorhof, Handläufe aus Messing befinden sich in der Mitte und dritteln die Treppe.  Bettler finden sich überall.

Für mich in Erinnerung wird aber bleiben, dass mich eine dort an den Stufen des Tempels eine ältere Frau – sie hatte mich schon vorher angesprochen, ich hatte sie aber nicht verstanden -  mit der rot-indischen Pulverfarbe, die man auch oft bei indischen Frauen sieht, auf die Stirn gesegnet hat.

Dieser Bindi , früher traditionell immer ein roter Punkt,  war Zeichen einer verheirateten Frau und sollte nicht nur sie, sondern auch ihren Gatten schützen.  Heute werden Bindis farblich abgestimmt auf die Kleidung  in Indien von unverheirateten ebenso wie von verheirateten Frauen getragen, sogar von kleinen Kindern.

Allerdings muss ich zugeben, dass nach dem herausragenden Jain-Tempel von Rajasthan gestern, der Tempel  heute nur ein „Abklatsch“ war. Trotzdem fand ich ihn schön, bereichert um meine „Privatsegnung“.

Von hier aus wanderten wir – angetrieben von unserem Guide – Richtung Ufer Pichola-See frei nach dem Lied „eine Bootsfahrt die ist lustig, eine Bootsfahrt, die ist schön“.  Ich liebe Bootstouren, egal wo !

In einem kleinen Park vor dem Bootseinstieg dann noch Flughunde in Scharren auf allen Bäumen kopfüber herunter hängender weise.

Vom See aus Blick auf die Bergkulissen des Aravalli - Gebirges sowie die vielen Bauten des Maharadschas.  Mitten auf dem See liegt auf einer ca. 1,6ha großen Insel das in weißem Marmor gehaltene Luxushotel Lake Place Hotel. Es verfügt über  83 Zimmer. Allerdings ist es nur für Hotelgäste zugänglich. Das  Hotel war auch Drehort für Fritz Langs Filme „Der Tiger von Eschnapur“ und „Das indische Grabmal“ (beide 1958/59) sowie Teile des James-Bond-Filmes „Octopussy“ mit Roger Moore.(.s.a (s.a. http://www.rajasthan-indien-reise.de/rajasthan/ziele/udaipur-palaste-lakepalace.html, Stand 05.01.2017)

Die Bootsfahrt an sich war dann doch etwas nervig:  Lauter Motor, man konnte den Ausführungen unseres Guides kaum lauschen und die vorgeschriebenen  schrill-orangen Wasserwesten waren so überdimensioniert, dass man erst mal in denen ertrank.  Zugegeben, ich entledigte mich ihrer schnell.  Und ehe ich mich versah, tat es der neben mir sitzende Reiseleiter mir nach.

Auf der kleinen Insel mitten auf dem Pichola –See  auf der wir „strandeten“, steht  ein kleinerTempel, flankiert von einem kleinen Park. Wir gestatteten  uns  - angesichts des wunderschönen Panoramablicks auf Udaipur mit seinen Palästen und Tempeln und auf die Nachbarinseln - einen unverschämt teuren Cocktail  gemixt aus  Champagner und  Litschisaft.  Man hat ja nicht immer Urlaub und gönnt sich ja sonst nichts!

Natürlich wurde auch dies bildlich dokumentiert.

Nach einer viel zu langen Pause – wegen des langsamen Services, wie unser Guide später betonte - ging es dann auf kürzestem Wege zurück zum Boot . Zurück zum „Festland“ Udaipur. Diesmal gleich ohne Wasserwesten.

Dort angekommen, wurden wir mit dem Kommando „zack, zack, husch, kommen Sie“ zurück Richtung Flughundepark gescheucht.  Unser Bus ließ dann auch nicht lange auf sich warten.  Dankbar nahmen wir die uns gereichten gekühlten Getränke in Empfang. In kürzester Zeit lief die Klimaanlage auf Hochtouren.

Seelig über diese Kleinigkeiten bekamen wir kaum mit, dass wir nach nur kurzer Fahrt auch schon  am Saheliyon-ki-Bar, - s.a. (s.a  http://www.geo.de/reisen/community/bild/675347/Saheliyon-ki-Bari-ist-ein-sehr-schoen-angelegter-Garten, Stand 05.01.2017)- , dem „Garten der Frauen“ ankamen.  Vor dem Eingang  ein Obststand mit frisch „geköpften“ Kokosnüssen.

Der Park selbst,  im Norden der Stadt  am Ufer des Fateh Sagar Sees  gelegen, wurde wie der Name schon sagt, extra für die Frauen angelegt. Angedacht dafür, dass die Frauen, vor allem die Älteren unbehelligt von Männern hier entspannen und herumwandern  konnten. Inzwischen ist der Park staatlich und alles was Beine hat, läuft hier herum.

20 Minuten waren für den  Marsch durch den Park angesetzt.  Normalerweise viel zu kurz, um all die schönen Pavillons, Teiche,  Blumen und Pflanzen zu erkunden.

Auch wenn ich normalerweise zu der Gattung, ich schaue mir alles ganz genau an, zähle,  verließ ich schweißgebadet nach höchstens 15 Minuten den Park wieder Richtung Treffpunkt Bus.  Um dann kurz vor Abfahrt doch nochmal los zu sausen, um beim Cola-Stand ums Eck meinen Getränkevorrat wieder aufzufüllen.  Innerhalb von  2 Min. in und wieder zurück.  Puh erst mal platt und im Bus an der Wasserflasche gehangen. Irgendwie schön blöd auch.

Meine Berliner Busbanknachbarn  kamen mit 5-minütiger Verspätung angehetzt. Indische Familien sind ja,  wie bereits erwähnt,  ganz versessen auf  Foto von ihnen mit einem selbst drauf.

Bei dieser Gelegenheit und auf der Suche nach dem optimalen Bild war die Frau rücklings  in einen Seerosenteich  gestürzt. Gott sei Dank ist nichts passiert, außer dass sie einen leichten Schrecken davon trug,  nasse Haare hatte und ein  pitschnasses Kleid  und ebenso nasse  Schuhen und Rucksack.

Als wir die Story hörten, musste jeder man erstmal mindestens schmunzeln.  Wie heißt das Sprichwort: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“

Ruck zuck Wechselklamotten an. Und dann musste sie selber lachen ob ihres Unglücks. Teich war immerhin um die 1,80 m tief gewesen, sie ging voll unter und die Seerosenarme  hatten sie fest umschlungen. Hilfe, wenn man das hört, ist es schon nicht mehr so lustig.

Insofern war sie besonders froh, dass uns unser Bus ohne weitere Umwege direkt wieder zurück zu unserem wundervollen Hotel bei Udaipur brachte.  Dort angekommen,  ging es erst mal für jeder- man unter die Dusche, zack zack und dann ab an den Pool zum lesen, dösen und vor allem schwimmen.

Ich, alte Wasserratte, genoss das kühle Nass sehr.  Bis ca. 19.00 Uhr am Pool geblieben und dann noch mal husch husch ab unter der Dusche.

Super, wenn mitten unterm Duschen- voller  Seifenlauge genauer gesagt -  einfach der Strom und demzufolge das Licht ausfällt. Stromausfälle sind in Indien durchaus an der Tagesordnung.

Glück gehabt, Strom war schnell wieder da, so dass schnell fertig geduscht. Man weiß ja nie. Dann Haare ebenso flott geföhnt und ab zum Abendessen:  Reis, Auberginengemüse, indisch angemachtes Hühnchenfleisch, Linsengemüse, Fladenbrot… und ab sofort wieder mein obligatorisches „Kingfisher-Light“. Immerhin auch noch 5,5%  Alkohol.

Schön, dass die meisten aus der Gruppe sich hernach noch auf der Restaurantterrasse zusammen-fanden auf ein Gläschen Wein und auf einen Plausch.

Erzählenswert ist noch, dass meine Zimmernachbarin nachts ungebetenen Besuch von einer Maus bekam.  Der Rezeptionist, ein junger schmächtiger  Inder,  versuchte die Maus am Schwanz zu fangen. Das hat der Maus logischerweise ganz und gar nicht gefallen. Sie hat den armen Mann prompt in den Finger gebissen. Vor lauter Schreck und aus reinem Reflex hat der Mann die Maus ans Bein des Bettes geschleudert. Kommentar Frau: „Die Maus ist tot!“ Er: „Nein, die Maus schläft.“ Sie: “Nein, die Maus ist tot!“ Er schon leicht verunsichert: “Nein, die Maus ist tot!“. Sie: „Die Maus ist tot!“. Er: “Okay, die Maus ist tot“.  Dann hat er die Maus an ihrem Schwanz gepackt und ist davongegangen.

Wahrscheinlich ist der arme Mann am nächsten Tag erst mal in einen Tempel gegangen und hat für das Seelenheil der Maus gebetet.

So klang dieser Tag mit einem erneuten Grinsen im Gesicht viel zu schnell aus.

 

8. Tag: Montag 09.05.2016

Wecken um 6:00 Uhr morgens,  Frühstück 6:30 Uhr. Abfahrt 7:30 Uhr. Bis jetzt sind immer noch alle pünktlich. Außer man fällt am Muttertag in einen Seerosenteich.

Abgesehen davon fällt der Abschied von unserem Hotel  Castle Mehwar doch etwas schwer.

Heute steht eine lange Busfahrt von Udaipur nach Jaipur an. Bis dahin sind es rund 410 km.

Also rund 7 Stunden Fahrt, nur unterbrochen von ein paar 20-minütigen Trink- bzw. WC-Pausen mit angehängtem „handcraft shop“ sowie Wartezeiten an den „Toll“-Stellen (Maut).

An den Mautstellen von einem Bundesstaat zum nächsten ist es immer sehr spannend: Jede Menge Schulbusse, manchmal mit Schülern auf dem Busdach, winkenden Kindern im Bus, mit bunten Motiven reich bemalte LKW’s, es wird gehupt, wer in welcher Reihe steht ist auch nicht wirklich klar oder wichtig etc.

Auf Nachfrage durfte ich, solange ich wollte, vorne im abgegrenzten Teil beim Busfahrer und dem schmächtigen Beifahrer  und Mädchen für Alles sitzen bzw. teilten er und ich uns seinen kleinen Notsitzplatz einträchtig.

 Der „Copilot“ hat uns auf der ganzen Tour immer mit kühlen „Drinks“ versorgt und ein Treppchen beim Ein- und Aussteigen parat gehalten sowie uns Damen die Hand zum Aussteigen gereicht.

Bleibt zu erwähnen, dass ich – wo ich doch eh immer fleißig aus dem Fenster schaue , um ja nichts zu verpassen – diesen Blick nach vorne auf das Straßenwirrwarr besonders genieße und mal aus einer anderen Perspektive  Fotos „schieße“.

In Indien herrscht Linksverkehr. Überholt wird mal links mal rechts, kein System erkennbar, eher reflexartig.  Kühe, Ziegen oder auch mal ein Schwein  mitten auf der Straße, an der Leitplanke in der Mitte, wo auch immer. Nur am Rande: Die Kuh ist heilig! -Ohne den Hauch eines Problems manövrierte unser einheimischer Fahrer sein Gefährt souverän durch dieses augenscheinliche Chaos.  Wie im Kino!

Unterdessen versuchten die Busfahrer Eis für die Kühlbox aufzutreiben, was erst im 5. Anlauf Bus  stopp, aus dem Bus raus, in den Bus rein, Kopf schütteln, weiterfahren, wieder Bus stopp und die gleiche Prozedur in einem fort gelang. Applaus war ihnen sicher und uns wieder frisch gekühlte Getränke.

Gegen 17.30 Uhr erreichten wir dann mit einer Stunde Verspätung endlich unser 8-stöckiges Hotel  „Clarks Amer“. Roter Teppich, Freibad, Dachterrasse, schönes Zimmer im 6. Stock. Nach dem Motto wer will, chauffierte uns der Reiseführer vor dem Abendessen nochmal in die Stadt.

Jaipur ist nicht nur ein Touristenmagnet, sondern auch  bekannt für seine Schmuckindustrie, vor allem für Edelsteine. Und für Edelsteinbetrüger.

Inder wissen sehr genau, wie sie Geschäfte machen müssen. Bei  kleinen Knabbereien und kühlen Getränken oder einem Chai-Tee für gute Ausgangsstimmung sorgen. Hatten wir ja schon beim Stoffoutlet.

Ich hatte mir fest vorgenommen, mich nicht „einfangen“ zu lassen.  Und dann erst recht!  Ein kleiner silberner Ring mit zwei kleinen Diamanten und grünem Smaragd hatte es mir letztlich dann doch angetan. Das Risiko in Höhe von 135 EUR  als jemand, der sich mit „Steinen“ gar nichtauskennt, unter Umständen einem Betrug  aufgesessen zu sein, hielt ich in diesem Zusammenhang für noch überschaubar. Abgesehen davon,  dass ich mir im Zweifelsfalle unseren Guide schnappen würde bzw. er es sich gewiss  nur leisten konnte, uns zu einem seriösen Juwelierhändler zu führen.

Kriterien wie Farbe, Größe, Reinheit und Schliff sind wichtig und wer sich auskennt, kann das auch noch unterscheiden. Für mich war zweifelsohne ausschlaggebend, dass  der Smaragd an sich ein Symbol der Liebe  darstellt…

Der Ring musste allerdings noch auf meine Fingergröße angepasst werden und sollte  am Abend des Folgetags in unser Hotel gebracht werden. Wie elitär.

Leckeres, vegetarisches , sehr reichhaltiges Abendessen. Das Beste bis jetzt! Und ein sauteures Bier, absolutes Muss! 600 Rupien, schluck… Aber heute eh schon egal, frei nach dem Song „Scheiß drauf…“.

Unterbrochen wurde unser Abendessen nur von lauter, peppiger Musik  aus einem angrenzenden Nebenraum. Modellschau der Universität.  Elegante Modells, schöne Kleider. Mit meiner Kamera  bin ich unter all den Fotografen nicht aufgefallen, wäre da nicht die Hautfarbe und blonde Haare sind auch eher selten…

Nach dem Abendessen habe ich  unser „Gruppennesthäckchen“   mit zur Party  der im Hotelgarten gegenüber zufälligerweise stattfindenden Hochzeitsfeier geschleppt. 

Wenn man nicht eingeladen ist, einfach so tun als ob – dachte ich mir - und wie selbstverständlich an den Groupies vorbeimarschieren und immer hübsch lächeln. Begrüßungscocktail und indische Häppchen in Empfang nehmen, freuen, weiterlächeln und  erst recht weitergehen.

Die abendliche Hochzeitsfeier selbst war  aufwendig, farbenprächtig, bunt, stillvoll…

Es scheint wohl einige traditionelle Riten  hinsichtlich der indischen Hochzeiten zu geben, aber was welcher Schritt im Einzelnen bedeutete, konnte uns hernach unser Reiseleiter auch nicht erklären.

Jedenfalls wurde der natürlich gut aussehende Bräutigam unter großem Tamtam auf einem reich geschmückten, weißen Pferd umgeben von vielen jungen, tanzenden und johlenden  Männern mit erleuchteten Lampions in der Hand durch einen Torbogen geführt. Um ihn herum Trommelwirbel und Musik und eben nur diese  wie in Ekstase  tanzenden Männer – wir vermuteten seine  besten Freunde -  Direkt unter dem Torbogen drückte man ihm eine reich verzierte Lanze in die Hand. Mit dieser musste er dann irgendein Bild, auf dem wohl Gott Shiva abgebildet war, durchstoßen oder durchfädeln, das war für uns nicht so genau erkennbar.

Nach Überwindung dieses Tors  stieg der Bräutigam – einen mit Steinen  verziert und glänzend funkelnd weißer  Anzug an und mit rot goldenem Turban  auf dem Kopf -  huldvoll vom Pferd. Das war dann auch ganz schnell weg.

 Das Ganze kam mir wie die Inszenierung für die Krönung eines Königs vor. Kein Wunder, dass sich so mancher indische Mann in seiner Macho-Rolle wohl fühlt.  „König Bräutigam“ schritt nun jedenfalls auf dem roten Teppich Richtung „Bühne“ mit  Königsthron weiß  und rosa Hintergrund.  Also so richtig kitschig!

Nach „süßer Speis“ und – wir mutmaßten – Fußreinigungsritual  wurde ihm seine- Ehefrau, begleitet von ihren Freundinnen  unter einem seidenen Baldachin überführt.  Sie trug einen rosafarbenen, reich bestickten Sari, viel Goldschmuck. Bei ihm angekommen, tauschten sie einander Blumenkränze aus weiß-roten Blumen als Zeichen der Verbundenheit bzw. Zusammengehörigkeit.

Danach Glückwünsche und großes Fotoshooting. Diese  Gelegenheit nutzten wir, um in Richtung Bett zu flüchten.  Schließlich stand tags drauf wieder viel Programm auf dem Plan.

Ein paar Hintergrundinformationen erhielten wir dann doch noch am nächsten Morgen auf der Busfahrt zum Amber Fort:

Die arrangierte Ehe ist im Hinduismus heute noch üblich. 90 % der Ehen in Indien sind arrangierte Ehen.  Üblich ist die Partnerwahl aus der gleichen Schicht.

Auch wird darauf geachtet, dass die Horoskope  an sich zusammen passen. Der genaue bzw. günstigste Hochzeitstermin wird nach dem Horoskop von Braut und Bräutigam bestimmt.  Es wird also nichts dem Zufall überlassen.

Eine Hochzeit dauert üblicherweise 7 Tage.

Tag 1. dient der Verehrung  von Gott  Ganesha. Tag 2. Hab ich vergessen… Tag 3. Und 4. verbringt die Braut vor allem damit, sich für Ihren Bräutigam schön zu machen. Tag 5. ist der wichtigste Tag, da holt der Bräutigam die Braut ab und „bezahlt“ den Brautvater,  am 6. Tag feiert der Bräutigam bei sich ohne Braut. Am 7. Tag gibt es eine große, vom Bräutigamsvater finanzierte Party.

Der Bräutigam muss bei der Eheschließung mindestens 21, die Braut mindestens 18 Jahre alt sein.  Das sogenannte Mehndi , das Verzieren der Hände, Knöchel  und Füße der Braut  mit Henna,  ist Schmuck und  soll Glück bringen. Der  Ring durch die Nase ist Symbol der Reinheit. Der bereits angesprochene rote Punk, der Bind, das Dekorationszeichen der Ehe. Das Austauschen der Blumenkränze ist ein Zeichen von Verbundenheit und Treue  bzw. der Akzeptanz der Heirat.

 

9. Tag: Dienstag 10.05.2016

Entsprechend unseres  üblichen Morgenrituals unternahmen wir heute Morgen einen Ausflug zum ca. 11 km von Jaipur entfernt gelegenen  Amber Fort. Das Fort war Fürstenpalast der Kachwaha-Dynastie, bevor Jaipur zur Residenzstadt wurde. Bei vielen Gebäuden sind deutliche Anklänge aus der Mogúl-Architektur zu spüren.

Besonders sehenswert ist der Spiegelsaal.  Das Innere des Saals  ist mit einer Vielzahl von kleinen Spiegeln dekoriert, die auch die im bengalischen Stil gestaltete Decke überziehen. Die Wände und Pfeiler des Palastes sind vollständig mit weißen Marmorplatten verkleidet; die Säulen sind aus massivem Marmor.(s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Amber_(Indien), Stand 05.01.2017)

Aber zunächst musste der Weg zum Fort gemeistert werden. Gegen Aufpreis von ca. 1.100 Rupien - gegenüber Jeepfahrt zum Fort - zuzüglich Trinkgeld schaukelte einen ein Elefant den Kopfsteinpflasterweg hinauf. Unser Babyelefant hieß Sonja. Wer noch nie auf einem Elefanten geritten ist, für den ein Muss. Auch wenn es sehr touristisch ist und ich nicht in der Haut des Elefanten stecken wollte.

Alles per Foto festgehalten. Natürlich haben auch irgendwelche „Profifotografen“ Fotos von uns auf dem Elefanten geschossen, um uns dann kaum im Fort angekommen, mit ihren Fotos und Souvenirs wie  Ketten, kleinen bunten Sonnenschirmen etc. zu belagern.

Besonders intelligent, wenn dann jemand der bereits einen solchen bunten Sonnenschirm in der Hand hat, von so einem fliegenden Händler erneut angesprochen wird, ob er nicht noch mehr kaufen will.  Andere spucken neben einem derweil  eine Fontäne mit Kautabak, auch „Gutkha“ (.s.a. http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-10/indien-volksdroge-kautabak-gutkha, Stand 05.01.2017) genannt aus oder noch besser die rote Soße vom Kauen der Betel-Nüsse.  Also Abstand halten! Krebserregend, giftig ist das Zeug…

Auf dem Rückweg  das Gleiche. Erst als ich ziemlich genervt „unseren“ Fotografen mit den Worten „Alibaba finish!“ regelrecht anschrie, trollte er sich ganz schnell. Nicht besonders freundlich, aber augenscheinlich effektiv.

Nach kurzer nachmittäglicher Verschnaufspause brachen wir in die „Pink City“, wie Jaipur mit seinen rund 3. Mio. Einwohnern, Hauptstadt des Bundesstaats   Rajasthan auch genannt wird, auf: Zum Stadtpalast  des Maharadschas, der Königsresidenz, die fast ein Siebtel der Fläche Jaipurs einnimmt.(s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Jaipur, Stand 05.01.2017)

In der Tat ist die ganze Stadt rosa angemalt: Die Stadtmauer, die Häuser im Stadtkern bzw. der Altstadt. Der Palast und andere offizielle Gebäude wurden schon seit dem Gründungsjahr 1727 aus dem einheitlich rötlichen Stein erbaut.  Zu Ehren des Stadtbesuchs von Kronprinz Edward, des Erstgeborenen von Queen Victoria,  im Jahre 1883 und um selbigem eine Freude zu machen, ließ Staatspräsident Nehmu die alte Stadtmauer und die Arkadenstraßen alle rosa streichen.

Der Anblick ist schon faszinierend. Überall in den engen Gässchen und Passagen das schon altbekannte Gewusel: Imbissbuden, Obst- und Gemüsehändler, Schuhputzer, Gewürzhändler… irgendwie alles Freunde und Bekannte unseres Guides, fliegende Händler, für die die Touristen  freilich auch ein gefundenes Fressen waren.  Aber mit der Zeit lernt man diese und all die Bettler zu ignorieren bzw. durch sie hindurch zu gucken.

Nach dem Besuch des Stadtpalastes ging es – die letzten rund 400 Meter zu Fuß - bei plötzlich aufkommendem heftigen Sandsturm und einsetzendem Regen zum Observatorium Jautar Mantar.  Jautar Mantar heißt übersetzt „Magisches Gerät“. (s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Jantar_Mantar, 05.01.2017)

Die ganze Sternenwarte  wurde zwischen 1727 und 1733 aus Marmor gebaut. Sie ist eine der größten auf der Welt. Seit 2010 gehört sie zum UNESCO Weltkulturerbe. Was hier wie abstrakte Skulpturen  aussieht, sind exakte Messinstrumente zur Beobachtung der Gestirne. Eine Sonnenuhr reiht sich neben der anderen, pro Sternzeichen eine.  Das größte Bauwerk ist das Samrat Jantar, eine Sonnenuhr mit einer Höhe von 27m, die die Zeit angeblich auf etwa 2 Sekunden genau anzeigt.

Irgendwie hatten wir den Eindruck, dem Reiseleiter kam der Regen gar nicht unverhofft. In der Sternenkunde selbst nicht unbedingt bewandert, wie er unumwunden zugab, wollte er nach bezahltem Eintritt mit Hinweis auf das schlechte Wetter schnell wieder weg.

Auf die Frage, ob man tags drauf nochmal kurz herkommen könne, erwiderte er lapidar :“Na klar, aber halt dann nochmal auf eigene Kosten“.  Das war wieder mal so ein Punkt, an dem man einen Inder nicht zu verstehen braucht. Ich für meinen Teil hatte keine Lust, diese Unlogik zu diskutieren noch hier Zeit durch bloßes herumstehen zu vertrödeln und marschierte einfach Richtung „Sanduhren“ los. Offenbar war ich nicht die Einzige. Denn plötzlich hatten wir immerhin 20 Minuten Zeit zum Gucken. Siehste, geht ja doch!

Den, sozusagen versöhnlichen, Abschluss des Tages bildete die Fahrradrikschafahrt über den schier farbenprächtigen Basar von Jaipur. Unser dünnbeiniger Strampler tat mir irgendwie besonders leid. Er hatte keine Kraft in den Waden. Glücklich sah er ohnehin nicht aus, wir radelten  unserer Gruppe immer hinterdrein. Sobald es leicht bergauf ging, schob er. Dabei hatte er mit uns beiden Frauen eigentlich noch zwei  Leichtgewichte erwischt.

Auf  dem Basar konnten wir nur kurz verweilen, dann ging es wieder mit der gleichen Fahrradrikscha durch das rosfarbene Jaipur zurück zu unserem Busparkplatz.

Im Vorbeigehen kaufte ich einem fliegenden Händler noch seine ganze Plastikbox mit Holzstempeln  ab.  Die kann ich für mein Hobby Töpfern als Muster-Stempel gut gebrauchen.  Beide Seiten waren zudem zufrieden:

Er, weil er bei diesem Wetter  noch ein gutes Geschäft gemacht hat und ich sowieso, weil ich für 1.000 Rupien ca. 20 Stempel bekommen habe, wo ich beim Stoffhändler für 3 Stempel 800 Rupien bezahlt hatte. Ups, da kommt wieder der Kaufmann in mir durch...

Nun aber schleunigst zurück zum Hotel. Kaum Hotelzimmertür aufgesperrt, klingelte auch schon mein Telefon. Tatsächlich. Zurück zur Rezeption. Der Juwelierinhaber höchstpersönlich stand da und überreichte mir im Beisein unseres Reiseleiters meinen Ring. Mit stolz geschwellter Brust trug ich ihn sofort beim Abendessen.

 

10. Tag: Mittwoch 11.05.2016

Noch einen letzten Blick auf den 1799 erbauten „Palast der Winde“ mit seinen rund 900 Fenstern erhaschen und schon sind wir auf dem ca. 240 km langen Weg nach Agra.  Zwischenstopp in Fatehpur Sikri.

Fatehpur Sikri ist eine Stadt im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh in Indien mit etwa 35.000 Einwohnern. Hier befand sich Ende des 16. Jahrhunderts die ehemalige Hauptstadt des alten Mogulreiches.  Jetzt gleicht es eher einer Geisterstadt, diese sandsteinrote Stadt mit weißen Marmorpalästen in der Hochebene westlich von Agra. Fatehpur Sikri steht unter dem Schutz der UNESCO und gehört zum Weltkulturerbe. Großmogul Akbar der Große baute die“ Stadt des  Sieges“ in den Sand. Der Sand deckte die Stadt nach und nach zu. Erst Jahre später wurde sie zufällig nach und nach wieder „ausgebudelt“: (s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Fatehpur_Sikri, Stand 05.01.2017)

Kaminrote Paläste,  Fenster aus Marmor, unterschiedlich angelegte Palasthäuser für seine ca. 330 Haaremsfrauen, Gerichtshalle, Astrologenhaus – Astrologen durften nie fehlen - … eine sehr weitläufige Anlage.

47 Grad, bisheriger Rekord. Da zog es einen hier und da vor sich in schattige Ecken, wo auch immer diese waren.

Wie eins ums andere Mal zuvor, zog ich es auch hier wieder vor, alleine herumzulaufen, um die alte Zeit ein wenig nachspüren zu können, innezuhalten. Auch  um ungestört fotografieren zu können.  Abgesehen davon, braucht man manchmal auch einfach Ruhe von einer Reisegruppe, egal wie nett alle Leute sind. 45 Minuten später trafen wir uns wieder.

Am späten Nachmittag gelangten wir in unserem Hotel Utkarsh Vilas in Agra an.

Leider war schon die Begrüßung hier nicht so herzlich, wie in allen anderen Hotels davor. Schade, irgendwo spürte man noch einen Hauch vom alten Charme, den das Hotel mal versprüht hatte. Jetzt allerdings nagte der Zahn der Zeit an allen Ecken und Enden.  Zum anderen gewann ich schnell den Eindruck, dass die Bediensteten jetzt zu Saisonende weder Lust auf Touristen noch auf Arbeit hatten:  Dreckiger Pool, alte benutzte Handtücher auf den Liegen…

Dieser rote Faden zog sich weiter bis in die Zimmer. Zumindest mein Zimmer Nr. 115 war schlichtweg dreckig.  Dicker Staub auf den Möbeln, dreckige Fensterscheibe, Wasser am Badfußboden. Der Chef selber wischte mit dem vom Mitarbeiter gereichten Lappen den Boden trocken. Am nächsten Morgen war der Boden wieder nass…

Ich jedenfalls habe mich bei meinen nächtlichen Ausflügen Richtung Bad nicht auf die Klobrille gesetzt.

Kopfkissenbezug wie wenn vom Vorgänger nie abgezogen worden wäre. Naja, so kam wenigstens mein aus Deutschland mit genommener Bettbezug  zu seinem ersten Einsatz.

Kofferträger bedankte sich auch nicht für das Trinkgeld, was er eigentlich noch nicht mal verdient hatte, denn  er ließ den Koffer ins Zimmer plumpsen anstatt ihn auf dem dafür vorgesehenen Platz zu deponieren . Die Tür blieb auch offen stehen. Okay, so kann man auch gegen sein nächstes Trinkgeld arbeiten.

Gegen einen Extra-Obolus von 10,00 EUR pro Kopf und Kragen fuhr uns der Bus am Abend auf die  Nordseite des  Taj Mahal. Vielleicht etwas teuer, die Busfahrt, aber nach dem stressigen Tag  habe ich damit kein Problem, wenngleich eine Rikschafahrt angeblich nur 800 Rupien für die gleiche Strecke gekostet hätte.

Vor uns der Fluss Yamuna und dahinter das Taj Mahal. Sonnenuntergangsatmosphäre.  Hielt locker zehn Kameras und Handys in der Hand. Jeder wollte, dass  ich ihn fotografiere, mal links vom Taj Mahal , mal rechts davon…, einzeln, pärchenweise, Gruppe…  Ich geriet ganz schön ins Schwitzen. Trotzdem blieb auch mir genug Zeit, um selber das Taj Mahal in dieser besonderen Sonnenuntergangsatmosphäre zu genießen. Viel zu schnell verflog die Zeit und wir mussten zurück.

Abendessen  im Hotel war ganz okay. Am besten noch die Spinatsuppe.Tags drauf hatten aber wieder mehr Leute  Darmprobleme. Ich jedenfalls war froh, als wir dieser Unterkunft in jeglicher Beziehung den Rücken zuwenden konnten. 

Anmerken möchte ich in diesem Zusammenhang, dass ich sowohl im Fragebogen, den wir am letzten Tag unserer Reise ausfüllten,  als auch zurück in Deutschland den Reiseveranstalter  über den Zustand dieses Hotels informierte. Denn wenn mehrere Hotelgäste reklamiren, hat diese Unterkunft doch noch eine Chance seinen alten Charme tatsächlich zurück zu gewinnen. Zu wünschen wäre es!

 

11. Tag: Donnerstag 12.05.2016

Heute aber hieß es schon um 5.:00 Uhr morgens aufstehen.  Was aber in Anbetracht der miserablen Zimmerluft, lautem Ventilator und ständiger Nachtwanderung Richtung Bad für mich eher eine Erlösung darstellte.

Pünktlich um 5:30 Uhr Abfahrt zum Besuch des legendären Taj Mahal. Nach circa 20-minütiger Fahrt und nochmaliger Regieanweisung unseres Guides hinsichtlich der – seit den  Bombendrohungen im Jahre 2006 - verschärften Sicherheitskontrollen a la Check In beim Fliegen:  Verboten sind Zigaretten, Feuerzeug, Taschenmesser und dergleichen. Am besten gar keine Tasche bzw. Rucksack mitnehmen. Naja ohne meine Fototasche geht es trotzdem nicht.

Frauen und Männer getrennter Zugang, getrennte Sicherheitsschleusen.

Dann endlich standen wir vor dem Haupteingang bzw. dem Südportal aus rotem Sandstein: Vor  uns öffnete sich ein Hauptplatz mit den  drei Zugangstoren.

Zuerst ein Vortempel durch dessen Portal man gehen muss, ehe man freien Zugang  und damit freie Sicht auf das Taj Mahal hat. Ich spitzte noch schnell nach rechts, da ging die Sonne langsam am Horizont auf, ein paar Vögel zogen vorüber… Schön!

Und dann der Blick auf das Taj Mahal. Da es noch früh am Morgen war, war es noch nicht so voll. Jährlich besuchen nämlich rund 4 Millionen Leute das Taj Mahal. Je nach Stand der Sonne spiegelt sich das Mausuleum unterschiedlich im länglichen langen „Pool“ davor.  Fotos, Selfies obligatorisch. Ideal! Lob an den Reiseleiter!

Die persische Prinzessin Arjuman Bano Begum, die auch Mumtaz Mahal genannt wurde, starb 1631 bei der Geburt des vierzehnten Kindes im Alter von nur 39 Jahren. Auf dem Totenbett erbat sie sich von Ihrem Mann dem Mongulkaiser Shah Jahan ein Grabmal, wie es die Welt zuvor noch nie gesehen hatte.  So gebeten, so geschehen, würde ich mal sagen. Das Taj Mahal ist Weltkulturerbe.

Etwa 20.000 Handwerker  aus Süd- und Zentralasien  waren in der Zeit von 1631 bis zu seiner Fertigstellung 1648 am Bau des Taj Mahal beteiligt. Die Baumaterialien wurden aus allen Ecken Indiens und anderen Teilen Asiens mit rund 1.000 Elefanten herangeschafft. Es steht auf einer ca. 100x 100 Meter großen Plattform aus Marmor. Das in der Form einer Moschee errichtete  Mausuleum  muslimischer Baukunst selbst  besteht zum größten Teil aus Marmor.  Es ist ca. 58 Meter hoch und fast so breit. 28 verschiedene Arten von Edelsteinen und Halbedelsteinen wurden in den weißen Marmor eingesetzt. Diese Steine fangen das Licht des Mondes in der Nacht und die Strahlen der Sonne am Tag ein und lassen es wie einen funkelnden Juwel erstrahlen. (s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Taj_Mahal, Stand 05.01.2017)

Die gut 1 ¼ Stunden alleine herumspazieren, das brauchte ich einfach an diesem heiligen Ort.

Gegen 8.00 Uhr waren  wir zum Frühstück wieder zurück im Hotel. Nachdem ich schon froh bin nach meinen nächtlichen Exkursionen und wenig Schlaf keine Ausfallerscheinungen im Taj Mahal gehabt zu haben, war ich jetzt beim Frühstück wieder mal umso vorsichtiger. Nur einen zähen Pancake, den ich dann doch liegen lasse, etwas Wassermelone und Ananas sowie einen wohltuenden heißen schwarzen Tee.

Also ich glaube mittlerweile, am besten an dieser Unterkunft war das abendliche, extra zu bezahlende Bier – Kingfisher, diesmal allerdings keine rote Dose, sondern eine blaue Dose und der Kingfisher-Vogel vorne drauf. Etwas für Dosensammler?

Nach dem Frühstück Koffer selbst Richtung Bus verfrachtet. Dann eben auch kein Trinkgeld an einen nicht vorhandenen Kofferträger und ein ebenso unfreundlich wirkendes Hotelmanagement.  Dieses Hotel steht definitiv nicht auf meiner Wiederholungstäterliste!

Gegen 9.30 Uhr war Abfahrt. Los ging es Richtung Firma Kalakriti. Hier werden Intarsien, also Einlegearbeiten,  aus Marmor hergestellt.  Auch im Rahmen von Renovierungsarbeiten fürs Taj Mahal.  Wahres Handwerk, sehr zeitaufwendig, filigran und dementsprechend teuer. In den diversen „Showrooms“ dann auch dies und das und exportieren kann man ja zollfrei auch alles.

Ich fand das Gespräch von Mensch zu Mensch mit einem jungen Inder, Ende 20 schätze ich mal, der früher  mal bei IBM gearbeitet hatte, jetzt nebenbei  hier im Vertrieb jobbte und im Begriff war ein Fernstudium in Deutsch bei der Uni Düsseldorf in Angriff zu nehmen, interessanter.  Die Verkaufszahlen des Intarsienladens hat das sicher nicht in die Höhe schnellen lassen.

Nach ca. einer Stunde und neuem  Wissen über Intarsienarbeiten in unseren Köpfen fuhren wir weiter zum Roten Fort. Es liegt nur ca. 2,5 km vom Taj Mahal entfernt.  Mit seinen majestätischen Toren, prachtvollen Türmen und Bastionen stellt es eine der größten Befestigungsanlagen der Welt dar. Die ca. 26 m hohen Doppelmauern lassen die Machtstellung des 3. Mughal Eroberers nur erahnen. Das Fort ließ wiederum Akbar 1565 erbauen,  vor allem unter Shah Jahan, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde es erweitert  und  1983 ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. (s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Rotes_Fort_(Agra), Stand 05.01.2017)

Ein großes Terrain! Fast unerträgliche Hitze mittlerweile! Schatten wo bist du? Nur gut , dass es in unserem Bus schön kühl ist. Klimaanlage wir danken dir!

Nun stand die etwas „längere“ Rückreise nach Delhi an. 

Gegen 16.00 Uhr erreichten wir unser 5-Sterne-Hotel CountyInn Sahibabad,  District Ghaziabad.  Einchecken und Freischalten WLAN zog sich hin, so dass ich nicht mehr zum Baden im Hotelpool kam. Denn  eine Stunde später wollten wir zu fünft  noch mal in Innenstadt von Delhi. Die „Vaishali Metro Station“ liegt nur fünf  Minuten Fußmarsch vom  Hotel entfernt.

 ZU Fuß war das aber nicht ganz angenehm. Immer wieder stoppten Tuck Tucks. Sie wollten uns verirrte Touristen einsammeln. Das nächste Abenteuer  hieß  Fahrkarten kaufen. Ein Automat defekt,  dann fanden wir endlich den nächsten und  verstanden nicht, was zu tun sei, nur gut dass es dann doch noch einen Schalter gab. Und all die Menschen!

In Delhi-City angekommen, drehten wir ungefähr eine Stunde lang eine gemütliche Runde durch Distrikt A, kauften Postkarten, Briefmarken, etwas zu trinken, guckten, staunten, fotografierten. Dann ging es wieder, diesmal schon routinierter, zurück zum Hotel.

In der Metro haben uns „Weiße“ , vor allem aber uns Frauen, die indischen Männer ganz schön angestarrt. Das muss man lernen zu ignorieren. In Indien gibt es U-Bahn- bzw- Zugwaggongs nur für Frauen, Männern ist der Zutritt dort  "bei Strafe" strengstens verboten.

Mit zunehmender Dunkelheit  ist es außerdem nicht so angenehm am Straßenrand- zum Teil gibt es nämlich keinen Bürgersteig – zurück zum Hotel zu marschieren. Aber zum Glück hatten wir drei Frauen ja doppelte männliche Rückendeckung.

Kaum im Hotel angekommen, ging es dann auch gleich zur abendlichen Stärkung.  5 Sterne Hotel sage ich nur: Alles was das Schlemmerherz begehrt!  Soll eines der besten vegetarischen  Restaurants Indiens sein.

Dann ein bisschen Wehmut: Verabschiedung der zehn  Mitreisenden, die „nur“ das Grundprogramm von 12 Tagen gebucht hatten. Danach noch – wie jeden Abend – ein bisschen Tagebuch geschrieben und mit MP3-Player Musik gehört, um dann erschöpft in einem guten Bett einzuschlafen.

 

12. Tag: Freitag 13.05.2016

Wecker auf 6.30 Uhr gestellt. Wollte doch noch vor dem Frühstück  auf den Dachterrassenpool im ersten Stock.  Dahin hatte ich mich abends zuvor schon verirrt: Pool mit Poolbar, Shisha-Raucher, blau-grünes Licht…

Jetzt bei Tage betrachtet, Pool sehr schön, wenn auch nicht sehr groß. Nicht so sauber: Zum einen noch keine Aufräumungsarbeiten vom nächtlichen Pool-Bar-Leben, zum anderen hatte es in der Nacht geregnet. Taubenfedern im Pool sind auch nicht so schön, aber verscheuchen ließen sich die Tauben auch nicht wirklich.

Also nur kernig ein paar Runden mit Kopf hoch im Wasser gedreht. Dann ab unter die heiße Morgendusche.

Bei der Aufzugfahrt Richtung Frühstück  netten und gutaussehenden Omaner „kennengelernt“. Ist für zwei Monate geschäftlich in New Delhi, also noch bis 21.05. Vielleicht trifft man sich ja nochmal wieder, vielleicht am 17.05, bevor es endgültig wieder heimwärts nach Deutschland geht. Das ist auch ein Reiz der Fernreisen: Fremde Menschen und Kulturen kennenlernen.

Nach einem ebenso reichhaltigen wie köstlichem Frühstück trafen wir gegen 9:00 Uhr unseren Reiseleiter wieder. Hatte zu Hause übernachtet. Ab jetzt geht die „Verlängerungsreise“ über 4 Tage zu vierzehnt weiter. Meine schwäbischen Freunde haben uns nicht verlassen. In Agra haben sie die Bettwäsche wechseln lassen, das verstehe ich sogar noch. Im 5.Sterne Hotel gestern das Zimmer saugen lassen.

Wie auch immer, geht es jetzt mit kleinerem Reisebus und neuem Fahrer und neuem „Copiloten“  von Delhi circa 240 km nördlich Richtung Pilgerort Rishikesh. 

Die Stadt hat circa 70.000 Einwohner, liegt  auf einer Höhe von 372 Metern und vor allem westliche Touristen kommen hierher, um Ihr Heil in Meditation, Ayurveda und Yoga zu suchen. Manche auch einfach zum Entschleunigen  oder um die innere Balance wieder zu finden. Rishikesh ist der Platz des Rishis, der weisen, heiligen Männer so heißt es auch. ((s.a. https://www.welt.de/reise/Fern/article12132633/Yoga-Ayurveda-und-Abenteuer-in-Rishikesh.html und https://de.wikipedia.org/wiki/Rishikesh, jeweils Stand 05.01.2017)

Ja hier gibt es sehr viele alte Gurus mit langen weißen Bärten.

Aufgrund der Verkehrsverhältnisse erreichten wir unsere Unterkunft in Rishikesh statt wie geplant nicht gegen 13.00 Uhr sondern erst um 15.30 Uhr.

Wenn ich mir unseren Reiseleiter so anschaue, Entspannung sieht anders aus. Demgegenüber waren wir vierzehn ziemlich fröhlich und ausgelassen, trotz der langen Fahrt. Nebenbei erfuhren wir, dass der Reiseveranstalter Berge & Meer, diese Verlängerung zum ersten Mal in dieser Form anbietet, wir sind sozusagen “Versuchskaninchen“. – Um es vorweg zu nehmen: Super! -

Mitten unter den Vorgebirgen des Himalajas  lag unser Hotel  Devine Resort mit einem atemberaubenden Blick auf den Fluss Ganges und seine Stromschnellen.

Zunächst gab es eine große Begrüßungszeremonie in der kleinen Hotelhalle: Weihrauch, Gesang des Gurus und Hotelbetreibers, eine Kette für jeden  und Blümchen streuen….

Ein seltsamer Vogel dieser Guru. Ich schätze sein Alter auf Anfang 60.

Dann Pässe  abgeben, dafür Schlüssel und WIFI Zugang.

Zwar raubte mir ein Vordach etwas den hundertprozentigen Zimmerblick auf den im Gegenlicht silbrig-glänzenden Ganges und einen Balkon haben die Einzelzimmer auch nicht, aber ich war trotzdem sehr glücklich und zufrieden.

Ich öffnete das  Fenster ganz und setzte  mich auf das Fenstersims, schaute über das Vordach auf Mama Ganga, die „Mutter Indiens“  und schon war die Welt auch wieder in Ordnung. 

Eine ganze Weile beobachtete ich mehrere Schlauchbooten beim Riverrafting und sog die frische Bergluft ein. Dann noch als Ersatzmittagessen  eine Banane, ein Schokoriegel und ein paar frische und vor allem süßlich-saftige Litschis, die ich unterwegs an einem Obststand wie frisch vom Baum erstanden hatte, genascht auf meiner Privatterrasse…

Wieder verging die Zeit wie im Fluge. Treffen an der Hotellobby um 17.00 Uhr. Entgegen der eigentlichen Reiseverlaufsplanung lud uns unser Guru zu einem Gottesdienst  an den Ufern des Ganges mitten in Rishikesh ein. Dieser begann gegen 18.30 Uhr. In einer Tuck Tuck Formation ging es „hui“ den Berg, den der Bus noch knapp 2 Stunden zuvor hinaufgeschnauft war, wieder hinunter. Das war wieder ganz nach meinem Geschmack.

Wie soll ich den Gottesdienst beschreiben?

Eigentlich unbeschreiblich, das muss man selbst erleben. Mir fallen dazu an dieser Stelle nur Stichworte ein wie: sinnlich, inspirierend, skurril, mystisch, angenehm fremd, heilig, Glück spendend, bewegend, Gänsehaut… Und doch trifft es alles nicht den Kern.

Bötchen aus Kokosblättern mit Blumen, Weihrauchstäbchen und Teelicht gesegnet von einem  Hindu Priester  auf den Ganges gesetzt. Wohin geht die Reise kleines Bötchen? Fast Tränen in den Augen. Ein bewegender Moment. Ich dachte an zu Hause. An meine Liebsten.

Hier und da badeten Frauen in ihren bunten Saris, Männer, Kinder hier an den Badestufen des  Ganges. Unser Guru warf Blumen in den Fluß, sang, schwang Weihrauchstäbchen, ermunterte uns mitzumachen.

Zurück im Hotel Abendessen erst gegen 20.30 Uhr. Es ist spät geworden. Irgendwie ein stilles Abendessen, aber durchaus angenehm.

Ich ließ den Tag für mich ausklingen, indem ich mich mit meinen restlichen Litschis  noch eine Weile auf die hoteleigene Terrasse setzte und den Blick über den Ganges und in die Ferne schweifen ließ.

Mit Rauschen des Ganges im Hintergrund war ich dann auch schnell eingeschlafen. Es war ein schöner Tag.

 

13. Tag: Samstag 14.05.2016

Rund 2.600 km fließt der Ganges vom Himalaja zum indischen Ozean. In Rishikesh verlässt der zweitgrößte Fluss Indiens die schluchtartigen Täler des Himalaya. Hier in seinem Entstehungsbereich ist der Ganges wirklich noch sauber.

Ein Bad in ihm, soll von Sünden reinigen und verspricht Absolution.  Viele Hindus wollen nach Möglichkeit am Ganges sterben – vorzugsweise im 900 km von hier entfernten Varanasi - und ihre Asche im Fluss verstreut wissen.

Ein bisschen Sündenreinigung und Gangeserlebnis pur kann nicht schaden. So traf ich mich mit einem ebenso badewilligen Reisegefährten  morgens um 6.30 Uhr zum gemeinsamen Gangesbad  inklusive gegenseitigem Fotoshooting. Damit es uns auch hinterher jederman glaubt!   Gemeinsame spirituelle Erfahrungen verbinden zudem. Spätestens jetzt gibt es eine Verbindung mehr zwischen Dresden und Oberasbach. Das Wasser war  gar nicht mal so kalt, die Strömung auch am Rand relativ stark. 

Auf dem Rückweg zum Hotel trafen wir noch auf eine Gruppe Esel als Lastentiere für den Bauschutt, der von den Ufern des Ganges abtransportiert wird.

Energiegeladen ging es zum Frühstück: Papayas, Wassermelonen, Honigmelonen, Pancakes, Brot, Käse, Wurst, Joghurt  etc.

Dann also kein Problem, auf zu Fuß zur Lakshman Jhoola (s.a. https://en.wikipedia.org/wiki/Lakshman_Jhula, Stand 05.01.2017) 

Dabei handelt es sich um eine  eiserne Hängebrücke.  Sie ist rund 450 Meter lang und verbindet Tehri und Pauri Bezirk miteinander. Auf beiden Seiten der Brücke  findet man  Märkte,  auf denen man allerlei Schnickschnack, aber auch Antiquitäten wie alte Münzen z.B. einkaufen kann.

Der Legende nach überquerte Ramas jüngerer Bruder Lakshmana den Ganges mit nur zwei Jute-Seilen. Um seine Leistung in Ehre zu halten, wurde 1889 eine 284 Meter lange hängende Seilbrücke an eben diese Stelle gebaut und Lakshman genannt. Während des Hochwassers 1924 wurde die Seilbrücke fortgeschwemmt.  An wiederum gleicher Stelle wurde 1939 die die heutige Eisenbrücke errichtet.

Sie ist das Wahrzeichen der Stadt und mit safranfarbenen, weißen und grünen Bändern entsprechend der indischen Flagge geschmückt. So viele Leute... Im Übrigen ließ es sich unser Guru nicht nehmen, uns seine „deutschen Gäste“ spontan an diesem Tag mit zu begleiten.

Wir hatten gute 20 Minuten Zeit, um die schönen Ausblicke in alle Richtungen einschließlich des ca. 70 Meter unter uns vorbeiziehenden Ganges zu genießen und die Brücke zu überqueren. Diese Zeit sollte man sich aber auch nehmen.

Danach machten wir einen Abstecher zu dem Ashram eines bekannten Gurus.  Ein Ashram ist ein klosterähnliches Meditationszentrum. Die eigentliche hinduistische Bedeutung dieses Namen ist „Ort der Anstrengung“. (s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Ashram, Stand 05.01.2017)

Drum pausierten wir nach Besuch des Ashrams mit Blick auf Mama Ganga, badende Menschen hier und da und die von einer Uferseite zur anderen schippernden Boote.

Für ein paar Rupien extra tuckerten wir zurück auf unsere Uferseite. Von da aus per Pedes zurück zum Hotel. Nun aber zack zack! Der Bus war schon startklar und wir mussten heute noch nach Haridwar.

Der Abschied von dem besinnlichen Riskikesh und unserem inzwischen ins Herz geschlossenen Guru fiel schwer. Zum Abschied drückte und segnete  er uns alle, drückte uns Original Riskikesh Heilwasserflaschen in die Hand und bat uns statt Trinkgeld darum, die guten Eindrücke mit in die Heimat zu nehmen und dort  zu erzählen. Mundpropaganda  ist die beste Werbung!

Nun ging es mit leichtem Stau ins ca. 35 km entfernte Haridwar. Eigentlich wären wir wie gesagt gerne noch mindestens eine Nacht in Riskikesh geblieben.

Unser  Hotel hieß Regenta Orko’s  Central , hat 7 Stockwerke und liegt leider direkt am „Haridwar Rishikesh Highway“.  Vorne Straße, hinten Zug ….

Nach dem Einchecken hatten wir erst einmal 1,5 Stunden Zeit für uns.

Gegen 17.00 Uhr ging es los Richtung Haridwar-Innenstadt. Ich glaube, innerlich wurde unserem Reiseführer immer banger  bei dem Gedanken, seine Schäfchen heute zusammen halten zu wollen.

So viele Inder auf einen Schlag hatte ich bei einem Gottesdienst noch nicht gesehen!   Ich schätze mal mindestens 100.000 Inder. Für 50 Rupien pro Nase ergatterten wir uns zu dritt  einen erhöhten Sitzplatz.

Obwohl auch dies wieder ein hinduistischer Gottesdienst wiederum am Ufer des Ganges war, so war es hier doch ganz anders. 

Auch hier konnten wir zum einen wieder die spirituelle Atmosphäre einer Aarti-Zeremonie  unmittelbar miterleben,  ebenso wie das Schauspiel des Gottesdienstes an sich sowie der – hauptsächlich Männer – Badenden.

Am vereinbarten Brückentreffpunkt waren wir trotzdem die letzten, man muss sich ja erst mal wieder durch die Menschenmassen zurückquälen. Deshalb ging es im Sauseschritt zurück zum Busparkplatz. Ohne Guide hätten wir wahrscheinlich nicht mal den Bus wieder gefunden.

Abendessen um 20.00 Uhr und noch ein kleines lockeres Beisammensitzen.

Schade, nachts wurde ich leider bei jedem größeren LKW-Gehupe oder Zuggedonnere auf einen Schlag hellwach.  Es hupten ständig vorbeirasende LKWs.  Dazu das Getöse vom  Ventilator überm Bett. Ohne diesen aber war die Luft im Zimmer unerträglich und der Straßenlärm unüberhörbar.

 

14. Tag: Sonntag 15.05.2016

Zur Belohnung dafür gab es zum Frühstück erst mal keine Messer, keinen Honig, dreckige Tassen für den Tee  bzw. Kaffee. Auf mein bestelltes Omelett würde ich jetzt noch warten. Vorsichtig gesagt, war wohl das „Staff“ etwas überfordert.

Dennoch ging es dann frisch gestärkt mit Honig- und Wassermelone, Mangosaft, sehr leckerem Kuchen, Muffins auf die Hop-Hop-Methode des Reiseleiters Richtung Innenstadt Haridwar.

Haridwar liegt, wie wir bereits am Vortag sahen, direkt am Ganges und zählt zu den sieben heiligen Städten des Hinduismus. Die Stadt zählt rund 230.000 Einwohner… (s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Haridwar, Stand 05.01.2017)

Was für eine Überraschung , irgendwie wollte „da“ heute alles hin, was Beine und Räder hatte.  Stau vor uns , Stau hinter uns.  Geduld in uns.  Irgendwann sind wir dann auch bei einem Parkplatz angekommen… und husch husch wieder raus aus dem Bus.

Wir orderten uns ein Tuck Tuck. Weil ich wieder mal zu frech und vorlaut war und den Platz neben dem Tuck Tuck Fahrer in Anspruch nahm, wir aber sonst keine Plätze mehr frei hatten, quetschte sich unser Reiseliter neben mich auf einen Sitzplatz. 

Der Rikschafahrer war aber sehr entspannt und kam ganz gut damit klar, dass mein Knie seiner Gangschaltung immer irgendwie im Weg war und dass meine Kamera auch irgendwo durch die Gegend schwang.  Vor einer vermeintlichen Imbißbude  mit Wartebereich hielt unser TuckTuck plötzlich.

Das war aber der Zugangsbereich  zum Tempel. Erst ging es ein paar finstere Stufen hinab, dann  weiter parallel zu den Bahngleisen  bzw. einem engen Pfad mit vielen Verkaufsständen entlang. Immer wieder  versuchten die Händler einem kleine rote Taschen zu verkaufen. Erst später begriff ich, dass sich darin „Opergabenkomplettpakete“ befanden, wie z.B.: goldene Gebetsfahnen, Blumen, Blütenschiffchen , Räucherstäbchen und so weiter.

Bald schon erfuhren wir, dass die Wartezeit für die Seilbahnfahrt zum auf einem kleinen Hügel gelegenen  Mansa Devi Mandir Tempel sage und schreibe 2,5 Stunden betragen sollte. Gegen einen „Aufpreis“ – wer wollte in diesem Zusammenhang schon von Schmiergeld sprechen – von 300 Rupien pro Person verkürzte sich die Wartezeit auf rund 40 Minuten. Wir akzeptierten. Aber selbst dafür musste unser Guide die Gondelkarten erkämpfen. Das erste Mal, dass ich ihn verschwitzt sah. Aber der Krieger hatte sich durchgesetzt.

Und wirklich nach nicht mehr als gefühlten 40 Minuten und Taschen-Scan, wie so oft bei allen Tempelanlagen aus Sicherheitsgründen,  schwebten wir  mit der Gondel nach oben. Die Gondeln waren  entweder grün, gelb, lila oder rot mit bunten Punkten angemalt. Sehr originell!

Leider war die Gondelfahrt auch gleich wieder vorbei – trotz herrlichen Blicks auf den Ganges, sein Hinterland und die Berge – und  direkten Schritts, von den Menschenmassen weiter gedrängt in den Eingangsbereich der Tempelanlage.

Für jeden Pilger, der nach Haridwar kommt, ist der Besuch dieses antiken Tempels ein Muss.

Bereits im Zugangsbereich des Tempels  viele Shops zur letzten Gelegenheit, um „Almosen“  in Naturalienform  für die Hindugottheiten zu erwerben. Schuhabgabe obligatorisch. Und hinterher wieder finden. Boden  v.a. im Abgabebereich für die Schuhe  mit Gummimatten davor einfach nur eklig. Fast  so schlimm wie beim Rattentempel.

Aber wenn man erst mal so weit ist, gibt es kein Vor und Zurück mehr, sondern nur ein „da musst du jetzt durch“.

Zu dem Tempel der Tempel, zu dem jeder Inder ein Mal in seinem Leben gepilgert sein muss,  war es jetzt nicht mehr weit.

Aber wie befürchtet alles sehr kommerziell, die Mönche halten die Hände tüchtig nach Geldscheinen auf.  Ehe ich mich versah, habe ich einen  Punkt auf die Stirn. Der orangefarben gekleidete Mönch hielt die Hand auf bzw. deutete unmissverständlich auf den vor ihm stehenden Korb voller Geldscheine. Meine zwei  Euro-Münze die ich ihm mangels Kleingeld in die Hand drückte, beäugte er stirnrunzelnd von allen Seiten, um sie dann doch lächelnd im Körbchen verschwinden zu lassen.

Ehe man sich versah, wurde man von den nachrückenden Menschen   wie von selbst  zum Hauptaltar geschoben.  Fotografieren sowieso strengstens verboten!  Man ist überdies  nur damit beschäftigt, sich auf den Beinen zu halten und trotzdem noch einen Blick auf die Gottheit und den Altar zu erhaschen. Überall nur Arme in der Luft , die ihre roten Tüten und sonstige Opfergaben fast schon Richtung Altar „schleudern“.

Kaum versah man sich, ist das ganze Spektakel schon wieder vorbei.  Verschwitzt und doch etwas irritiert, folgten wir unserem Guide und sammelten unsere Schuhe wieder ein.

Über einen schön mit gerade blühenden Blumen angelegten Garten mit Blick auf die Gondel und das Ganges Tal ging es dann vorbei an Eukaliptusbäumen mit vielen herumtollenden Affen darauf wieder zum Seilbahneinstieg nach unten.

In  diesmal nicht beengter Tuck Tuck Fahrt ging es zurück zu unserem bereits wohl  klimatisierten Bus und zurück zu unserem Hotel.

Der Rest des Tages war programmfrei.  Also Koffer ge- bzw. umgepackt, gelesen, Musik gehört  und wie man heutzutage so schön sagt „gechillt“.

Für den Nachmittag hatte uns der Reiseleiter eine 60-minütige Ganzkörpermassage organisiert.  Bei mir ging da aber wohl eine klitzekleine Kleinigkeit schief. Ich hatte als Einzige einen Mann als Masseur. Ich habe es aber trotzdem genossen. Der  Masseur wohl auch, meinten die anderen später lachend. Mhm, so betrachtet, hätte der mich eigentlich noch auszahlen müssen, anstatt umgekehrt.

Gemeinsames Abendessen, entspannter Reiseleiter, naja klar, wieder eine Reisegruppe heile durch die Tour gebracht, Schäfchen alle noch da.

Gegen 21.30 Uhr  ins Zimmer verkrümelt. Musik gehört. Der Abschied von Indien und den Weggefährten naht. Ich wurde ein bisschen wehmütig.  Ein schönes Land, so freundliche, warmherzige  Menschen, viel erlebt und gesehen, eine homogene Reisegruppe, was auch nicht immer selbstverständlich ist.

15. Tag: Montag 16.05.2016

7.10 Uhr Weckruf. Da hatte ich aber gerade schon geduscht und mich angezogen. Gott sei Dank! Denn rund 5 Minuten später klapperte es an meiner Zimmertür.  Ein irgendwie ziemlich autoritärer Halbchinese  forderte meinen fast schon fertig gepackten Koffer ein.  Den noch auf meinem Nachtisch stehenden Wecker packte er und knallte ihn auf den TV-Tisch  mit den Worten, den möge ich nicht vergessen.  Prompt stand  er unverhältnismäßig lange in meiner Zimmertür. Das ignorierte ich aber geflissentlich. Mit so einer Brechstangenmethode  gibt es garantiert kein Trinkgeld!

Als ich ihn dann nochmal zurückrief , dass ich nicht zur französischen Reisegruppe gehöre, die mit uns zeitgleich im Hotel longierte, winkte er geschäftsmäßig ab. Stattdessen startete er den nächsten dreisten Versuch doch noch zu seinem Trinkgeld zu kommen. Auch diesen Anlauf ignorierte ich.

Wie sollte es anders sein, beim Frühstück war unser Reiseleiter der Letzte bzw. lief ein, als wir alle schon fertig waren.

Wenigstens heute bekam ich mein bestelltes Omelett. Besteck gab es auch. Heute gab es eher Probleme mit dem Teekochen.

Beim Auschecken aus dem Hotel  türmten sich schon neue Gäste, vor allem indische Jugendliche in der kleinen Hotellobby. Überforderung die nächste!

Gegen 8:45 Uhr saßen wir endlich alle im Bus, die Klimaanlage pustete heraus, was sie vermochte.

Die Gruppe hatte mich einstimmig dazu auserkoren, dass ich die Abschiedsrede  im Namen der Gruppe halten und den Umschlag mit dem von uns zusammengelegten Trinkgeldern für den Reiseleiter übergeben sollte.  Normalerweise nicht auf den Mund gefallen, war ich dann doch etwas aufgeregt und zittrig, aber  es klappt doch ganz gut mit den Dankesworten.  Wir waren ja auch echt eine tolle Truppe  einschließlich des Busfahrers und Begleiters, die natürlich auch noch ein gutes Trinkgeld erhielten.

Von zwei Rastpausen unterbrochen landeten wir gegen 14.15 Uhr in unserem  bekannten 5- Sterne Hotel Country Inn Sahibabad in Delhi.  

Allerdings lief diesmal nicht alles so reibungslos ab.

Vor allem nach der Verabschiedung des Reiseleiters bei unserer Gruppe.

Ich war damit beschäftigt, mein behindertengerechtes Zimmer Nr. 110 gegen ein anderes, normales zu tauschen, was sich irgendwie als megakompliziert entpuppte. Nachdem dies dann doch nach round about einer Stunde geglückt war, blieb nicht mehr viel Zeit für z.B. einen erneuten Test des Pools.

Zu mehreren wollten wir zum Palika Bazzar. Dies ist ein unterirdischer, vollklimatisierter  Bazar am Eingang des  Connaught Place im Herzen von New Delhi.  Er stammt aus den 1970er Jahren. Das verwirrende  ist, dass der Bazar durch 7 verschiedene Zugänge betreten und dem entsprechend verlassen werden kann. (s.a. https://en.wikipedia.org/wiki/Palika_Bazaar, Stand 05.01.2017)

Er beherbergt mehr als 400 verschiedene  Läden und lockt viele Touristen an, weil hier das Preisniveau so niedrig sein soll. Allerdings überwiegt der Anteil an elektronischen Gegenständen und Kleidungsstücke.

Über den Kaufpreis zu feilschen, ist in Indien normal, nein ein Gebot. So ergatterten wir auch ein paar nette Schnäppchen. Für mich ein – später doch zu weites - Kleid, für den Esszimmertisch daheim einen Tischschal, Ohrringe für meine Mädchen und einen kleinen Ganesha-Gott aus Messing, der jetzt bei uns im Schlafzimmer Wache hält. Keine Sorge, für meinen Mann hatte ich schon Gewürze und Masala-Tee während der Tour gekauft.

Gegen 18.00 Uhr – sind ja jetzt schon Metrofahrprofis – waren wir wieder im Hotel. Noch Zeit um eine Runde im Pool zu drehen.

Wieso auch immer meinte ich unter der Dusche meinen neuen Ring an haben zu müssen, – und komischerweise hatten  wir uns erst eine halbe Stunde vorher über genau so ein Thema unterhalten -  und was war das? Plötzlich fehlte bei meinem Ring der grüne Smaragd. Ach du grüne Neune!

Ums kurz zu halten: Glück gehabt, im Duschschaum stecken geblieben, nicht weggespült. Trotzdem stinkesauer. Nach Jaipur zu dem Juwelierladen kam ich ja nun auch nicht mehr. Unseren  Reiseleiter erwischte ich telefonisch auch nicht.

Versautes, leckeres Abendessen, getoppt vom Kommentar eines Mitreisenden „Na wenn man sich was Billiges kauft, kein Wunder. Was hat der Ring denn eigentlich gekostet?“.

Zeit, um ins Bett zu gehen.

 

16. Tag: Dienstag, 17.05.2016

Dann ist er da der Abflugtag. Schneller als gedacht. Die Zeit ist wieder einmal viel zu schnell vergangen. Ein kleiner böser Nachgeschmack wegen des kaputten  Rings blieb.

Außerdem war die Nacht viel zu kurz. Und wer um Himmels willen hat nachts Sanierungs- oder Reparaturarbeiten im Flur neben meinem Hotelzimmer vorgenommen? Keinen interessierte es. Ich nahm  meinen Reisepass und mein Lunchpaket für unterwegs im Empfang.

Auf dem Transfer zum Flughafen  erreichte ich unseren Reiseleiter doch noch telefonisch. Der hatte morgens um 5.00 Uhr bestimmt  auch andere Sorgen als mich. Er versprach mir, sich um die „Regulierung des Schadensfalls“ zu kümmern. Um es vorwegzunehmen, nach 3-4 Telefonaten Indien –Deutschland und zurück, hatte ich mein Geld zurück auf meinem Konto und durfte die Steinchen trotzdem behalten. Danke an dieser Stelle nochmal!

Der Rückflug von Delhi über Muskat nach Frankfurt verlief ohne Zwischenfälle. Planmäßig landete die Maschine wieder in Frankfurt.

Den Zug hätte ich ja eigentlich auch noch gerade  erwischt, wäre nicht wieder genau dieser ersatzlos gestrichen worden.  Auf den nächsten musste ich eine gute Stunde warten. Gute alte Deutsche Bundesbahn! Die Bahn wiederum war dann prompt völlig überfüllt und fuhr nur bis Würzburg. Sonderfahrplan  oder so. Dort wieder warten auf irgendeinen Regionalexpress, der einen dann  über Bamberg doch noch nach Nürnberg fuhr, gähn…

Ich war inzwischen mehr als 24 Stunden auf den Beinen, völlig übermüdet aber voller vieler neuer Eindrücke. Fast  wäre ich in der S-Bahn zwischen Nürnberg und Oberasbach noch eingeschlafen. Am Oberasbacher Bahnhof – wer kennt ihn nicht - holten mich mein Mann zusammen mit meiner großen Tochter  punkt Mitternacht ab und  sahen mir amüsiert zu, wie ich gierig die Pizza verschlang, die ich von unterwegs aus noch zu Hause bestellt hatte, während ich immer wieder ein lautes Gähnen nicht unterdrücken konnte.

Ich dachte mir unterdessen freilich, lacht Ihr nur: Nächstes Jahr selbe Zeit werdet Ihr mich erneut in Indien wiederfinden. 

Man sagt ja über Indien: lieben oder hassen – dazwischen gibt es nichts. Ich glaube, ich muss diese Frage nicht beantworten.

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